Gefährlicher
als Neonazis? Bund warnt vor Linksextremen
Sind Linksextreme
gefährlicher als Neonazis? Ja, schreibt der Nachrichtendienst
des Bundes in seinem heutigen Jahresbericht. Und Extremismus-Experte
Samuel Althof pflichtet der Einschätzung bei.
Quelle: Blick
08.05.2012,
von Von Peter Brühwiler
Die Flucht
von Sebastian Nussbaumer (24) endete vor zwei Tagen in Hamburg.
Zuvor hatte der Schweizer Neonazi in Zürich einem Aargauer
zweimal in den Oberköper geschossen.
Ein Einzelfall
oder Ausdruck einer wachsenden Gewaltbereitschaft der rechtsextremen
Szene? In seinem heute veröffentlichten Jahresbericht tendiert
der Nachrichtendienst des Bundes (NDB) auf ersteres: «Gewaltausübung
aus rechtsextremer Motivation ist derzeit selten», heisst
es dort.
Und: «Zurzeit
tritt beinahe ausschliesslich der Linksextremismus gewalttätig
in Erscheinung.» Eine Verharmlosung der Neonazis? Extremismus-Experte
Samuel Althof ist anderer Meinung. Auch er attestiert den Linksextremen
ein «höheres Gewaltpotenzial». Dieses komme unter
anderem in deren Sprachregelung zum Ausdruck.
«Rechtsextreme
versuchen, sich anzupassen»
«Der
Revolutionäre Aufbau bezeichnet Strassen als ‹Kampfzonen›
und spricht von der ‹Besetzung von öffentlichem Territorium›
und ‹Vertreibung›», so Althof. Die Rechtsextremisten
versuchten derweil, sich dem System anzupassen und unauffällig
zu erscheinen.
Verharmlosen
will Althof die von Skinheads ausgehende Gefahr aber keineswegs.
Diese entlade sich punktueller; «sie kann plötzlich und
überall auftauchen» – wie im Fall Sebastian Nussbaumer.
Dass die Neonazi-Szene
in der Schweiz weniger strukturiert ist als beispielsweise in Deutschland,
wo die «Zwickauer Zelle» letztes Jahr für Schlagzeilen
sorgte, liegt laut Althof auch an fehlenden Leaderfiguren.
«Es gibt
zwar Leute wie den bekenndenden Rechtsradikalen Philippe Eglin,
die Schlagzeilen machen. Aber sie entwickeln keine tragende Basis.»
Ein möglicher
Grund: Den Neonazis fehlen – vom Rütli und der Gedenkfeier
für die Schlacht von Sempach ferngehalten – zunehmend
die Selbstdarstellungsmöglichkeiten.
Althof bezeichnet
diese Verbannungen als Dilemma und unglücklichen Entscheid:
«Die Schweiz muss sich selber ins Gesicht schauen und sich
mit diesen Leuten mit Zivilcourage und Phantasie auseinandersetzen.»
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