«Die Pnos ist seit der Gründung ein kontinuierlicher
Misserfolg»
Die «Partei national orientierter Schweizer» ist laut
Experte Samuel Althof eine kaum ernst zu nehmende Randpartei, eine
«Nullnummer».
Einzelnen Exponenten der Partei müsse man aber genau auf die
Finger schauen.
mit Samuel Althof sprach Daniel Graf
Quelle: Südostschweiz; 25.10.2016
Sie standen im Blitzlichtgewitter, regelrecht umzingelt von Medienvertretern
aus dem ganzen Land: Vertreter der rechtsradikalen Kleinstpartei
Pnos. Diese feierten am Samstag im Partyraum, der zum Kaltbrunner
Restaurant «Löwen» gehört, die Gründung
fünf neuer Ostschweizer Sektionen ( die «Südostschweiz»
berichtete mehrfach). Den Medien wurde in der Nachbetrachtung vorgeworfen,
man habe der Pnos zu viel Beachtung geschenkt und sei darauf reingefallen,
dass die Pnos den Rummel rund um das Rechtsrock-Konzert in Unterwasser
für ihre eigenen Zwecke ausgenutzt habe.
Samuel Althof von der
Fachstelle für Extremismus- und Gewaltprävention äussert
sich im Interview zur Stellung der Pnos, zu den Aktivitäten
von Rechtsradikalen in der Schweiz und zur Frage, wie die Medien
und die Gesellschaft damit umgehen sollen.
Samuel Althof, wird die
Bedeutung der Pnos überschätzt?
SAMUEL ALTHOF: Dieser
Meinung bin ich ganz klar, ja. Die Pnos neigt zur Übertreibung
und zur Selbstvergrösserung. Das ist ein bekanntes Mittel der
rechtsextremen Propaganda. Entscheidend ist nicht, was die Pnos
sagt, sondern wo ihre Vertreter tatsächlich auftreten und etwas
bewirken. Und das ist, einfach gesagt, gar nirgends.
Die Pnos hat keinerlei
Erfolge zu verzeichnen?
Nein, und zwar seit mehr
als zehn Jahren nicht. Die Pnos ist seit ihrer Gründung im
Jahr 2001 ein einziger, kontinuierlicher Misserfolg.
Samuel Althof, wurde
der Pnos und ihrem Anlass zu viel mediale Aufmerksamkeit gewidmet?
Ich denke schon. Es gibt
keinen Grund, dass über jede Regung der Partei informiert wird.
Unaufgeregt zu beobachten und zu analysieren, ist wichtig. Aber
die mediale Skandalisierung, die teilweise stattgefunden hat, ist
kontraproduktiv. Denn genau das will die Pnos erreichen.
Also geht von der Pnos
keine Gefahr aus?
Von der Partei selber
geht keine strukturelle Gefahr aus. Allerdings kann von Einzelpersonen
aus den Reihen der Pnos oder anderer rechtsradikaler Organisationen
eine punktuelle Gefahr ausgehen.
Was meinen Sie damit?
Rechtsextremisten schlagen
durchaus mal zu, wenn sie eine Person sehen, von der sie denken,
sie hätte einen Migrationshintergrund – gerade, wenn
Alkohol im Spiel ist. Solche Taten aus rassistischen Motiven kommen
vor, das sind die punktuellen Gefahren. Aber über ein Netzwerk,
wie die Linksextremen oder die Rechtsextremen in Deutschland es
kennen, verfügt die Pnos nicht.
Das heisst, man sollte
die Pnos, solange sie nirgends auf dem politischen Parkett erscheint,
totschweigen, ihren Mitgliedern aber genau auf die Finger schauen?
Richtig. Es gibt in der
Pnos Personen, die eine Affinität zu Gewalt haben oder bereits
gewalttätig wurden. Die sollten beobachtet werden. Alles andere
ist Propaganda der Pnos. So zum Beispiel auch der sogenannte «Ahnensturm»,
der Sicherheitsdienst der Pnos. Auch dem wurde in den Medien zu
viel Aufmerksamkeit geschenkt. Diese Organisation hinkt einem professionellen
Sicherheitsdienst meilenweit hinterher. Ich verstehe nicht, weshalb
der Sicherheitsdienst «Ahnensturm» derart überschätzt
wird.
Erleben die Pnos oder
andere rechtsradikale Organisationen zurzeit einen Aufschwung?
Nein. Die Pnos gibt es
seit zehn Jahren. Trotzdem hat die Partei – sofern man überhaupt
von einer solchen sprechen kann, denn sie ist in keinem einzigen
politischen Gremium vertreten – keinen Einfluss und auch keinen
Mitgliederzuwachs. Dass die Pnos überhaupt existiert, verdankt
sie vor allem unserer demokratischen Kultur und der Liberalität
unseres Staates.
Inwiefern?
Nur dank unserer offenen
Haltung darf die Pnos sich versammeln und sich so äussern,
wie sie das tut. Und gerade darin liegt auch ein Widerspruch: Hätte
die Pnos tatsächlich das Sagen, würde sie Gruppierungen
mit ähnlichen Strukturen und ähnlich radikalen Ansichten
verbieten – bloss eben jene Gruppierungen vom anderen Ende
des politischen Spektrums.
Nicht zu verleugnen ist
aber, dass Rechtspopulisten einen Aufschwung erleben.
Das stimmt, doch hier
ist eine klare Trennlinie zu ziehen: Rechtspopulisten äussern
sich gegen Einwanderer, die EU oder bekennen sich zum «Christlichen
Abendland». Im Gegensatz zu Rechtsradikalen rufen sie nicht
offen zu Gewalt auf und äussern sich kaum direkt fremdenfeindlich.
Würden Rechtsextremisten in der Schweiz tatsächlich einen
Aufschwung erleben, müsste man Pnos-Vertreter in politischen
Ämtern finden. Das ist aber nicht der Fall.
Es wird befürchtet,
dass die rechtsextreme Szene aufgrund der Aufmerksamkeit, die dem
Islamismus zurzeit geschenkt wird, nicht genau genug beobachtet
wird.
Eine solche Aussage macht
nur, wer nicht weiss, wie die Sicherheitsinstrumente in unserem
Staat funktionieren. Der Nachrichtendienst und die Polizei haben
eine Abteilung für Rechtsextremismus und eine für Islamismus.
Personen, die im einen Bereich tätig sind, kann man nicht einfach
abziehen und sie dann im anderen Bereich einsetzen. Solche Aussagen
sind also reine Behauptungen von Leuten, die die Struktur der Sicherheitsinstrumente
nicht kennen.
Der St. Galler Sicherheitsdirektor,
SP-Regierungsrat Fredy Fässler, sprach sich kürzlich für
ein Verbot des Hitlergrusses aus. Sollte die Schweiz ihre Gesetzgebung
verschärfen?
Ich denke, die bestehende
Gesetzgebung reicht aus, um die punktuellen Bedrohungen zu bekämpfen,
die von Rechtsextremisten in der Schweiz ausgehen. Ausserdem ist
es wichtig, dass weiterhin eine gesellschaftliche Auseinandersetzung
mit dem Thema stattfindet.
Wie meinen Sie das?
Wären sämtliche
rechtsradikalen Äusserungen und Parteien wie etwa die Pnos
einfach verboten, könnte das dazu führen, dass die Gesellschaft
die Auseinandersetzung mit dem Problem an die Justiz delegiert.
Mir scheint es jedoch wichtig, dass innerhalb einer Gesellschaft
eine Auseinandersetzung mit Totalitarismus stattfindet. Denn wenn
man diesen durchschaut, kann man sich argumentativ davon abgrenzen,
anstatt einfach alles zu verbieten und dann der Justiz oder der
Polizei die Verantwortung zu überlassen. Letztere soll aber
selbstverständlich weiterhin die Möglichkeit haben, Massnahmen
zu ergreifen, wenn einzelne Vertreter von radikalen Szenen Gesetze
brechen.
Samuel Althof ...
... wurde 1955 in Basel
geboren. Er ist Leiter der Fachstelle für Extremismus- und
Gewaltprävention, die aus der «Aktion Kinder des Holocaust»
hervorging. Althof führt ausserdem eine Praxis für psychologische
Beratung in Basel, das «Büro für innere und äussere
Angelegenheiten». Seit 1996 engagiert er sich gegen Rassismus
im Internet und hilft bei der Entwicklung von Strategien im Umgang
mit Neonazis und Linksextremisten. Vier Jahre später, 2000,
begann er mit dem Aufbau eines Netzwerks zur systematischen Erfassung
von Neonazis im Internet. (dgr)
www.althof.ch
«Ich verstehe nicht,
weshalb der Sicherheitsdienst ‘Ahnensturm’ derart überschätzt
wird.»
«Rechtsextremisten
schlagen durchaus auch mal zu – das ist die punktuelle Gefahr,
die von ihnen ausgeht.»
«Es ist
wichtig, dass weiterhin eine gesellschaftliche Auseinandersetzung
mit dem Thema stattfindet.»
|