Extremismusberatung hat alle Hände voll zu tun
Fexx.ch
erhält nach Anschlag in Paris viele Anfragen von verunsicherten
Baslern
Von Franziska Laur
Quelle: © Basler Zeitung; 15.01.2015
Basel. Samuel Althof, Leiter der Fachstelle Extremismus- und Gewaltprävention
Fexx.ch, hat zurzeit viel Arbeit. «Ich bekomme vermehrt Telefonate
und berate Familien persönlich», sagt er. Seit dem Anschlag
auf die Charlie-Hebdo-Redaktion
in Paris sei die Befindlichkeit bei Muslimen und Nicht-Muslimen
in Basel angespannter. «Darunter sind Familien mit Migrationshintergrund,
die aus einem säkularen Umfeld stammen. Jetzt sind sie verunsichert,
weil sich ihre Kinder vertieft für den Islam interessieren»,
sagt Althof. Dabei sei es für diese Eltern schwer abzuschätzen,
ob sich die Jugendlichen radikalisieren oder ob sie unter dem Eindruck
der Anschläge verstärkte Angst verspüren. «Ich
versuche, im Gespräch diesen Gefühlen auf den Grund zu
gehen und differenziert zu helfen.» Es gebe aber auch Bewohner
aus dem Umfeld von Moscheen, die verunsichert sind.
Dass die Schweiz
nicht unbedingt ein sicherer Hafen ist, zeigt der Lagebericht
2014 des Nachrichtendienstes des Bundes. Darin warnen die Sicherheitsspezialisten,
dass auch in der Schweiz politische Aussagen oder Entscheide, die
die muslimische Gesellschaft objektiv oder subjektiv beeinträchtigen,
Reaktionen oder sogar Gewalttaten hervorrufen können.
Seit dem Jahr
2001 hat der Nachrichtendienst rund 40 Muslime aus der Schweiz ermittelt,
die in Konfliktregionen reisten. Und es gebe auch hier jihadistische,
international agierende Akteure und Netzwerke. Zunehmen würde
auch die Radikalisierung von Einzelpersonen, bei der das Internet
eine zentrale Rolle spielt. Dort waren in den vergangenen zwei Jahren
über 100 Nutzer aktiv, die islamistisches oder jihadistisches
Material mit zum Teil starkem Gewaltbezug verbreiteten.
Polizei ist
alarmiert
Die Sicherheitslage
werde laufend beurteilt, lässt das Basler Sicherheitsdepartement
auf Anfrage verlauten. Die Kantonspolizei würde dabei eng mit
den entsprechenden Stellen des Bundes zusammenarbeiten und wo nötig
entsprechende Massnahmen ergreifen. Aus polizeitaktischen Gründen
kommentiere man allerdings nicht, wie man das mache. Man setze jedoch
alles daran, die Sicherheit der Basler Bevölkerung zu gewährleisten.
Die basel-städtische
Koordinatorin
für Religionsfragen, Lilo Roost Vischer, sagt, dass man
in Basel auf eine langjährige und erfolgreiche Integrationspolitik
baue. Die Stadt sei auch nicht mit den Pariser Banlieues zu vergleichen,
da in Basel die soziale, religiöse und kulturelle Durchmischung
viel grösser sei und man ein breiteres Angebot an Förderungs-
und Unterstützungsmassnahmen habe. Sie betont, dass sich am
Runden Tisch Religionsgemeinschaften
bilden, die eine rasche Konfliktbewältigung ermöglichen.
Diese hätten sich auch aktiv an der Kampagne «Basel zeigt
Haltung» beteiligt.
Korankritiker
Thiel reiste an
Gestern war
die Situation in Basel allerdings noch etwas angespannter als in
den Tagen zuvor. Der korankritische Satiriker Andreas Thiel reiste
an, um sein Stück «Politsatire 4 – Macht»
im Tabourettli aufzuführen, das noch bis und mit Samstag zu
sehen ist. «Wir stehen mit den Veranstaltern in Kontakt»,
sagte Andreas Knuchel, Mediensprecher des Justiz- und Sicherheitsdepartements.
Auch die Israelitische Gemeinde Basel will nicht verraten, ob und
wie sie die Sicherheitsvorkehrungen erhöht hat. Bei der Israelitischen
Religionsgesellschaft Basel hat man die Sicherheitslage schon
vor einem halben Jahr überprüft und erhöht. Aufgrund
der Ereignisse in Paris müsse man nun nichts weiter unternehmen.
Die Basler
Muslimkommission verurteilt den Anschlag auf die Charlie-Hebdo-Redaktion
in Paris aufs Schärfste. «Wir sehen darin sowohl einen
abgrundtiefen Verfall aller Massstäbe der Menschlichkeit und
der Vernunft, als auch einen Widerspruch zu den Lehren aller Offenbarungsreligionen»,
schreibt Serhad Karatekin auf der Homepage. Wer solche Verbrechen
dulde, gutheisse oder gar decke, mache sich der Mittäterschaft
schuldig, heisst es weiter.
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