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Medienanalyse

 

Ein nationales Ereignis, doch nur der Busfahrer hat es gesehen
Wie ein Foto und das unreflektierte Handeln von Journalisten den Eindruck eines nationalen rechtsextremen Ereignisses vermitteln.

31. Juli 2012

Als sei der 20Minuten Reporter selbst vor Ort gewesen, beginnt er mit dem Artikel: Es sei eine gespenstische Szene in Hombrechtikon gewesen, die sich am Montagabend des 13. Februar dort abgespielt habe.e. Mit dieser stimmungsvollen Schilderung beginnt ein kurzer Bericht der Zeitung 20 minuten über einen Aufmarsch von Rechtsextremen in Hombrechtikon. Mit Fackeln in der Hand sei eine Gruppe Rechtsextremer, die in ihrer Grösse nicht klar verifizierbar war, durch Hombrechtikon marschiert.

Noch am selben Abend erreichte ein E-Mail mit einem Foto dieses Umzugs die Redaktion der Zeitung 20 min. Der Absender konnte nicht festgestellt werden, da das E-Mail anonym verschickt worden war. So wenigstens schilderte der Dienst habende Journalist, der die Fachstelle um eine Analyse bat, den Sachverhalt am Telefon.
Anhand des Fotos, das der Fachstelle vorliegt, kann die Grösse der Gruppe nicht klar bestimmt werden, denn ein Transparent mit der Aufschrift „Kein Vergessen, Kein Vergessen 18. Februar 1945“ verhindert die Sicht auf die Gruppe. Auf dem unscharfen Foto ist eine Gruppe schlecht erkennbarer, dunkel gekleideter Menschen zu sehen, dahinter zeigt sich ein Bus des öffentlichen Verkehrs, sowie einige Autos. Sonst sind auf der Strasse keine weiteren Menschen zu sehen.

Anfragen bei der Polizei ergaben, dass niemand von diesem Fackelzug Kenntnis hatte. Einziger Zeuge dieser Szene war ein Buschauffeur. Da die Gruppe einen Teil der Strasse blockierte, wurde dieser an einer zügigen Weiterfahrt gehindert.

Angst machen und Angst haben

Nun folgt eine Geschichte, welche jegliche Proportionalität und Relevanz dieses rechtsextremen Auftritts sprengt. Die erste Meldung von diesem Vorfall erfolgt am 17. Februar 2012 durch die Pendlerzeitung 20 min mit folgender Überschrift: „Neo Nazi Fackelzug durch Zürcher Dorf“. In einer Analyse folgerte der Rechtsextremismusexperte Hans Stutz, dass es im grösseren Umkreis von Hombrechtikon wieder eine aktive, rechtsextreme Szene gäbe. Für den Experten war schnell klar, dass dort, wo Neonazis geographisch auftreten, sich auch eine dementsprechende Szene befinden müsse, die man genau zu beobachten habe. Dabei lässt der Experte allerdings völlig außer Acht, dass die modernen, zur Mobilisation verwendeten Techniken wie SMS und Internet, auch eine sehr weit gestreute Szene zu mobilisieren vermögen.
Eine Flut von mehr als 30 Zeitungsberichten schildert das Ereignis von Hombrechtikon. Eine Strafanzeige und Mutmassungen über die internationalen Verbindungen zu einer rechtsextremen Gruppierung, genannt „Die Unsterblichen“, führen rasch zu politischen Vorstössen im Gemeinderat von Hombrechtikon.

Am 27. Februar reichen die Kantonsrätinnen Mattea Meyer (SP, Winterthur) und Alma Redzic (Grüne, Zürich) eine Interpellation ein. Sie stellen Fragen zu den Hintergründen des Aufmarsches und zur Rechtsradikalen-Szene im Kanton Zürich. Ende April ergeht die Antwort des Regierungsrats auf die Interpretationen: «Es ist nach wie vor nicht bekannt, wer den Fackelzug organisiert hat.» Zur gleichen Zeit bestätigt Cornelia Schuoler, Sprecherin der Kantonspolizei Zürich, dass die Ermittlung gegen unbekannt immer noch offen sei.

Als Ergebnis dieser Geschichte kann festgehalten werden, dass es einer kleinen Gruppe Rechtsextremer gelungen ist, mittels eines einzigen Fotos eines Fackelmarsches, der lediglich von einem einzigen Zeugen gesehen wurde, eine mediale Präsenz nationalen Ausmasses zu erlangen.

Es wurde ein Bedrohungsszenario erschrieben, das jeglichen Bezug zu Relevanz und tatsächlicher Wirkung des Aufmarsches verloren hatte. Damit gelangen wir in den Teufelskreis einer fehlgeleiteten Wahrnehmung, um uns vor einer Realität zu ängstigen, die von unseren eigenen Bedrohungsbildern kreiert worden ist.

Samuel Althof


Nachtrag: 20Minuten veröffentlichte ein zweites Foto vom Fackelzug. Darum kann davon ausgegangen werden, dass der Fackelzug ausser vom Bussfahrer noch von einer zweiten Person gesehen worden ist.

 

 

Eine Auswahl der dem Erignis folgenden Artikel:


© 20 minuten; 17.02.2012; Seite 5zh
Zürich Lokal
Neonazi-Fackelzug durch Zürcher Dorf
HOMBRECHTIKON. Über 50 Rechtsextreme sind am Montagabend mit Fackeln durch Hombrechtikon gezogen. Gemeinde und Polizei wussten nichts vom Neonazi-Aufmarsch.

Gespenstische Szenen am Montag nach 20 Uhr in Hombrechtikon: Dutzende Männer mit brennenden Fackeln in den Händen zogen auf der Hauptstrasse durch die Zürcher Landgemeinde. Vor sich trugen sie ein Transparent, das an die Bombardierung von Dresden am 13. Februar 1945 erinnerte. Durch Bomben, die britische und amerikanische Kampfflugzeuge abgeworfen hatten, waren damals bis zu 25 000 Menschen ums Leben gekommen. «Die Teilnehmer des Umzugs waren zwischen 20- und 30-jährig, alle waren dunkel gekleidet», sagte ein Anwohner, der die Szenerie beobachtet hatte, zu 20 Minuten. Die Gruppe sei schweigend durch das ganze Dorf marschiert.
Bei der Kantonspolizei Zürich hat man keine Kenntnis von dem Neonazi-Aufmarsch, wie es auf Anfrage hiess. Laut Hombrechtikons Gemeindepräsident Max Baur (FDP) haben die unbekannten Veranstalter nicht um eine Bewilligung ersucht. «Eine Bewilligung hätten wir auch nicht erteilt», so Baur. «Menschen mit einer solchen Gesinnung wollen wir in ihren Aktionen nicht unterstützen.» Er hoffe, dass sich so etwas nicht wiederhole. Warum die Neonazis ausgerechnet nach Hombrechtikon gekommen seien, könne er sich nicht erklären: «Wir hatten früher mal Probleme mit jungen Neonazis, aber das hat sich schon vor fünf Jahren beruhigt.» Die Initianten des Marsches scheinen stolz auf ihre Aktion zu sein: 20 Minuten wurden anonym Fotos des Fackelzugs zugeschickt – vermutlich aus diesen Kreisen. marco lüssi

«Eine Bewilligung für eine solche Aktion hätten wir nicht erteilt.»
Max Baur
Gemeindepräsident von Hombrechtikon.
«Dies deutet auf eine grössere aktive Szene hin»
Herr Stutz*, Dutzende Rechtsextreme ziehen durch ein Zürcher Dorf, um der Bombardierung Dresdens zu gedenken. Überrascht Sie das?
Hans Stutz: Meines Wissens ist ein solcher Fackelzug in der Deutschschweiz eine Premiere. Nur in Genf hat es letztes Jahr zum Jahrestag eine kleine Kundgebung gegeben. Bekannt ist seit langem, dass Schweizer Neonazis für dieses Datum nach Dresden reisen. Das Gedenken an den «Bomben-Holocaust», wie er in diesen Kreisen genannt wird, hat für die Neonazis einen hohen Stellenwert.
Wie kann es sein, dass diese Aktion stattfinden konnte, ohne dass die Polizei etwas mitbekam?
Die Schweizer Neonazi-Szene kann sehr schnell eine beträchtliche Zahl Leute mobilisieren, ohne dass davon etwas nach aussen dringt.
Ist mit weiteren solchen Kundgebungen zu rechnen?
Dieser Fackelzug deutet jedenfalls darauf hin, dass es im grösseren Umkreis von Hombrechtikon wieder eine grössere, aktive rechtsextreme Szene gibt. Das muss man genau beobachten. lüs
*Hans Stutz ist Rechtsextremismus-Experte.

© 20 minuten; 17.02.2012
Gemeinde reagiert auf Neonazi-Umzug

Ein Neonazi-Umzug hat Hombrechtikon aufgeschreckt. Jetzt will die Zürcher Gemeinde den Vorfall untersuchen. An einen Rückfall in alte Zeiten glauben die Verantwortlichen nicht.

In Hombrechtikon ist die Hölle los. Seit 20 Minuten enthüllte, dass am Montagabend in Hombrechtikon ein Neonazi-Fackelzug stattgefunden hat, sind die Telefonleitungen der Gemeindeverwaltung überlastet und die gewünschten Personen nur schwer erreichbar. Nun hat der Gemeinderat eine Pressemitteilung versandt: Er bekräftigt darin noch einmal, dass er bis gestern keine Kenntnis vom Vorfall hatte. Auch Reklamationen oder Schadensmeldungen seien nicht
eingegangen.

Doch die Ereignisse bleiben nicht ohne Folgen. Der Gemeinderat klärt, inwiefern «der Fackelzug allfällig gegen bestehendes Recht verstossen hat». Eine Bewilligung sei auf jeden Fall nicht erteilt worden, rechtliche Schritte behalte man sich vor. Weitere Auskünfte will weder der Gemeindeschreiber noch der –präsident erteilen.

Gestern waren die Verantwortlichen noch redseliger: Warum die Neonazis ausgerechnet nach Hombrechtikon gekommen seien, könne er sich nicht erklären, sagte Gemeindepräsident Max Baur auf Anfrage. «Wir hatten früher mal Probleme mit jungen Neonazis», so Baur.

Neonazi-Band verurteilt
In der Tat geben Neonazis in Hombrechtikon nicht zum ersten Mal zu reden. So versammelten sich an der traditionellen Chilbi jahrelang Rechtsextreme im Festzelt, einige reisten gar aus Deutschland an. Schlägereien und Unruhen waren die Folge. Im Juni 2010 wurden zudem vier Mitglieder einer Band wegen Rassendiskriminierung und weiteren Vergehen verurteilt. Der Sänger stammte aus Hombrechtikon, der Schlagzeuger aus dem benachbarten Wolfhausen.

Gemäss Gemeindepräsident Baur hat sich das Problem mittlerweile entschärft – bis vergangenen Montag. Nun hofft er, dass sich eine solche Aktion nicht wiederholt. Wie Rechtextremismus-Experte Hans Stutz sagt, bleibt dies womöglich ein frommer Wunsch: «Dieser Fackelzug deutet jedenfalls darauf hin, dass es im grösseren Umkreis von Hombrechtikon wieder eine grössere, aktive rechtsextreme Szene gibt.»

(fum/lüs)

© SonntagsZeitung; 04.03.2012; Seite 7
Nachrichten
Deutsche Neonazi-Gruppe «Die Unsterblichen» nutzt Internet-Server in der Schweiz
Aufmarsch im zürcherischen Hombrechtikon steht im Zusammenhang mit der militanten Bewegung

Zürich Die militante deutsche Neonazi-Gruppierung «Die Unsterblichen», bei der die Hamburger Polizei am vergangenen Freitag Sprengstoff und Waffen gefunden hat, nutzt Server in der Schweiz. Das zeigen Recherchen der SonntagsZeitung. Vieles deutet zudem darauf hin, dass der rechtsextreme Aufmarsch in Hombrechtikon ZH vom 13. Februar in Zusammenhang mit der neuen Organisation steht.
«Die Unsterblichen» wollen laut eigenen Angaben die Demokratie durch einen völkischen Führerstaat ersetzen. Im Untergrund veranstalten sie brutale Kämpfe unter sich, und sie finden immer mehr Anhänger in ganz Deutschland. Allein in den letzten Monaten marschierten die Anhänger der mysteriösen Gruppierung über 20-mal auf. Im Internet kursieren zahlreiche Videos ihrer Aktionen mit teilweise mehreren Hundert Neonazis.
Der deutsche Verfassungsschutz ist alarmiert, die Behörden gehen hart gegen die Bewegung vor. Seit Anfang Jahr fanden in sieben Bundesländern Razzien statt, die Polizei durchsuchte mehr als 50 Wohnungen.
Den Hintermännern der Organisation dienen die zwei Internetseiten spreelichter.info und werde-unsterblich.info als Schaltzentralen, wie aus einem Bericht des brandenburgischen Verfassungsschutzes hervorgeht. Beide Plattformen sind beim Anbieter Softronics in Jona registriert – unweit von Hombrechtikon. Gemäss dem Bericht ist der geschickte Einsatz neuer Medien der «Unsterblichen» für die rechtsextreme Szene richtungweisend. Die Organisation gilt als neuer Prototyp neonazistischer Organisation. Erschwerend für die Ermittler ist, dass sich die Aktivisten über interne Kommunikationsnetze verabreden. Dafür nutzen die Drahtzieher die Serverstrukturen von Softronics. Die Firma stellt ihren Zugang zum Internet über das Netz der UPC Cablecom sicher.
Die Polizei tappt im Fall Hombrechtikon im Dunkeln
Konfrontiert mit den Recherchen hat der Schweizer Kabelnetzbetreiber jetzt reagiert: «Wir sind mit dem betroffenen Unternehmen in Kontakt getreten», sagt Sprecher Andreas Werz. Den Fall habe man zudem an die interne Abteilung weitergeleitet, die mit dem Bundesamt für Polizei (Fedpol) in Kontakt stehe. Der Provider Softronics will die Seiten laut eigenen Angaben prüfen.
Die Aufmärsche der «Unsterblichen» laufen immer nach dem gleichen Muster ab. Weiss maskiert, schwarz gekleidet und mit brennenden Fackeln marschieren sie im Schutz der Dunkelheit unangemeldet auf. Der Spuk dauert oft nur wenige Minuten, die Polizei kommt meist zu spät. So, wie in Hombrechtikon, als rund 50 Neonazis mit einem unbewilligten Fackelmarsch der Opfer der Bombardierung von Dresden während des Zweiten Weltkriegs gedachten. In einem Forum deutscher Neonazis tauchten unter dem Titel «Die Unsterblichen» Bilder der Aktion auf. Laut einem Mitglied der Szene soll die Kundgebung an der Goldküste als Startschuss für die Bewegung in der Schweiz gedient haben.
Die Zürcher Polizei tappt diesbezüglich noch immer im Dunkeln. «Es ist erstaunlich, wir haben nur aus den Medien Kenntnis von diesem Vorfall», sagt Stefan Oberlin, Sprecher der Kantonspolizei Zürich. Weder die Schweizer noch die deutschen Behörden wollten sich zu einem möglichen Zusammenhang äussern. Laut brandenburgischem Verfassungsschutz ist es möglich, dass «Die Unsterblichen» Nachahmer in der Schweiz finden. Fabian Eberhard


© Zürichsee-Zeitung; 18.02.2012; Seite 3zsr
Faksimile
Zürichsee-Zeitung Bezirk Meilen Meilen
Neonazis zogen fast unbemerkt durch Hombrechtikon
Hombrechtikon. Weder bei Polizei noch Gemeinde gingen wegen des Neonazi-Fackelzugs Meldungen ein. Offenbar haben die Anwohner von der Kundgebung kaum etwas mitbekommen. Rechtsextremismus-Experte Hans Stutz wundert das nicht.
FRANK speidel / michel wenzler

Es war eine geisterhafte Szene, die sich am Montagabend in Hombrechtikon abspielte: Rund 50 schwarz gekleidete Personen – vermutlich Neonazis – zogen mit Fackeln durchs Dorfzentrum. Doch in Hombrechtikon bemerkte dieses Treiben offenbar niemand: Die Gruppe verschwand so schnell und unauffällig wieder, wie sie aufgetaucht war.
Weder bei der Polizei noch bei der Gemeinde gingen Meldungen ein. Erst gestern – vier Tage später – publizierte die Pendlerzeitung «20 Minuten» ein verschwommenes Foto des Umzugs, das dem Blatt möglicherweise aus rechtsextremen Kreisen zugespielt worden war. Die Aufnahme zeigt die Gruppe mit einem weissen Transparent, das an die Bombardierung von Dresden am 13. Februar 1945 durch die Alliierten erinnert.
Der Gedenkmarsch muss für kurze Zeit den Verkehr auf der Rütistrasse aufgehalten haben, denn die Neonazis marschierten auf der rechten Fahrbahn. Im Hintergrund des Bildes ist ein Linienbus der Verkehrsbetriebe Zürichsee und Oberland (VZO) zu erkennen, der dem Menschenzug im Schritttempo hinterherfahren musste. Am besagten Abend habe aber kein Chauffeur besondere Vorkommnisse in Hombrechtikon gemeldet, sagt VZO-Sprecher Joe Schmid.
«Ich hätte die Polizei gerufen»
Auch Anwohnern ist der Gedenkmarsch nicht aufgefallen, wie gestern ein Augenschein vor Ort ergab. «Wenn ich gesehen hätte, dass auf der Strasse Neonazis sind, hätte ich sofort die Polizei gerufen», sagt eine Frau, die direkt an der Rütistrasse wohnt und an jenem Abend zuhause war. Der Umzug könne nicht laut gewesen sein, andernfalls hätte ihr Hund angeschlagen.
Im benachbarten Blumenatelier Lehmann und den Restaurants Linde und Krone sorgte der Fackelumzug der Neonazis für Gesprächsstoff – allerdings erst gestern, als die Kundgebung publik wurde. Die Tage davor habe in ihrem Laden kein Kunde den Aufmarsch erwähnt, sagt die Blumenverkäuferin.
Keine Parolen skandiert
Rechtsextremismus-Experte und Journalist Hans Stutz überrascht es nicht, dass der Umzug der Neonazis bei der Hombrechtiker Bevölkerung weitgehend unbemerkt blieb. Denn bei solchen Anlässen gebe es keine Ankündigung für ein Publikum. Zudem würden an einem Gedenkmarsch in der Regel keine Parolen skandiert – gut möglich also, dass vom Vorfall nur jene Notiz nahmen, die sich gerade auf der Strasse aufhielten.
Klar ist für Stutz, dass es in der Umgebung von Hombrechtikon eine aktive rechtsextreme Szene geben muss. «Der Fackelzug zeigt, dass in der Region ein Mobilisierungspotenzial vorhanden ist.» Die Teilnehmer solcher Kundgebungen würden sich jeweils aus einem Umkreis von 20 bis 30 Kilometern rekrutieren. «Dass der Fackelzug in Hombrechtikon stattgefunden hat, bedeutet aber nicht unbedingt, dass die Neonazis auch im Dorf wohnen.»
In Hombrechtikon und Umgebung gab es in den vergangenen Jahren immer wieder Zwischenfälle mit Neonazis. An der Hombrechtiker Chilbi trafen sich jahrelang Rechtsextreme im Festzelt, es kam sogar zu Schlägereien. Vor knapp drei Jahren feierten rund 100 Rechtsextreme in einer Waldhütte in Männedorf.
Wegen Schlägerei vor Gericht
Ein Jahr später sorgte die Verurteilung der Neonazi-Band Amok wegen Rassendiskriminierung für Aufsehen. Die Gruppe hatte zudem in einem Lied Hans Stutz mit dem Tod gedroht (siehe Kasten). Der Schlagzeuger stammte aus dem benachbarten Wolfhausen, der Sänger aus Hombrechtikon.
Neonazi-Band Amok nahm nach Urteil neue CD auf
«Hans Stutz, du musst dich nicht wundern, wenn einst ein Messer in deinem Rücken steckt»: Wegen diesem und anderen Songtexten mussten sich die Mitglieder der Neonazi-Band Amok im Sommer 2010 vor der Justiz verantworten. In einem Lied drohten sie dem Luzerner Journalisten und Experten für Rechtsextremismus Hans Stutz mit dem Tod. «Verstoss gegen die Rassismus-Strafnorm» sowie «Drohung mit Gewalt» lauteten die Anklagepunkte. Der Sänger der Band wohnte zum Zeitpunkt der Verstösse – das heisst, als die CD veröffentlicht wurde – in Hombrechtikon, der Schlagzeuger in Wolfhausen, der Gitarrist in Siebnen und der Bassist im aargauischen Zetzwil.
Der Song kam die Bandmitglieder teuer zu stehen. Vom Amtsstatthalteramt Luzern wurden die bei der Verurteilung 22- bis 29-jährigen Männer wegen Drohung, öffentlicher Aufforderung zu Gewalt und Rassendiskriminierung zu unbedingten Geldstrafen in der Höhe von mehreren tausend Franken verurteilt. Zwei der Bandmitglieder wurden zudem wegen Verstössen gegen das Waffengesetz verurteilt.
Ob die Band etwas mit dem Hombrechtiker Fackelumzug vom Montagabend zu tun hat, ist unklar. Die Lust aufs Musikmachen jedenfalls ist den Bandmitgliedern nach der Verurteilung nicht vergangen: 2010 hat Amok eine neue CD veröffentlicht – laut Stutz ohne strafbaren Inhalt. (fsp)

© Newsnet / Tages-Anzeiger; 17.02.2012
Region
Neonazis ziehen durch Hombrechtikon
Über 50 dunkel gekleidete Männer marschierten durch die Strassen von Hombrechtikon. Mit Fackeln und Transparenten erinnerten sie an die Bombardierung von Dresden von 1945.
pia

Schweigend zogen über 50 Rechtsextreme am Montag durch die Strassen Hombrechtikons. Die dunkel gekleideten Männer trugen Fackeln. Sie trugen ein grosses Transparent mit der Inschrift: «Kein Vergeben, kein Vergessen, 13. Februar 1945.» An diesem Tag hatten die Alliierten die deutsche Stadt Dresden bombardiert, bis zu 25'000 Menschen kamen dabei um.
Wie ein Anwohner, der den Umzug beobachtet hatte, gegenüber der Pendlerzeitung «20 Minuten» sagt, seien die Teilnehmer des Umzugs zwischen 20 und 30 Jahre alt gewesen.
Anonym Bilder verschickt
Laut der Gratiszeitung hatten weder die Gemeinde noch die Kantonspolizei Kenntnis von diesem Aufmarsch. Die unbekannten Organisatoren hatten demnach keine Bewilligung dafür. Für Gemeindepräsident Max Bauer (FDP) ist unklar, warum sich die Rechtsextremen gerade sein Dorf für ihren Umzug ausgesucht haben. Er räumt aber gegenüber «20 Minuten» ein, dass es in der Gemeinde vor einigen Jahren zu Problemen mit jungen Neonazis gekommen sei.
Offenbar sind die Teilnehmer den Umgang mit Medien gewohnt: Die Redaktion der Pendlerzeitung hat in den Tagen nach dem Umzug von einem anonymen Absender Bilder der Veranstaltung erhalten und daraufhin veröffentlicht.

© Zürcher Oberländer; 18.02.2012; Seite 5
Bezirk Hinwil
Rechtliche Schritte nach Neonazi-Marsch
Hombrechtikon. Erst Tage später sorgt ein Fackelzug von rund 50 Rechtsextremen durch das Dorfzentrum in Hombrechtikon für Wirbel: Offenbar hat kaum jemand den nächtlichen Aufmarsch bemerkt.
Frank Speidel/Michel Wenzler

Es war eine geisterhafte Szene, die sich am Montagabend in Hombrechtikon abspielte: Rund 50 schwarz gekleidete Personen – vermutlich Neonazis – zogen mit Fackeln durchs Dorfzentrum. Doch in Hombrechtikon bemerkte dieses Treiben offenbar niemand: Die Gruppe verschwand so schnell und unauffällig wieder, wie sie aufgetaucht war.

Keine Meldungen eingegangen
Weder bei der Polizei noch bei der Gemeinde gingen Meldungen ein. Erst gestern – vier Tage später – publizierte die Pendlerzeitung «20 Minuten» ein verschwommenes Foto des Umzugs, das dem Blatt möglicherweise aus rechtsextremen Kreisen zugespielt worden war. Die Aufnahme zeigt die Gruppe mit einem weissen Transparent, das an die Bombardierung von Dresden am 13. Februar 1945 durch die Alliierten erinnert.
Der Gedenkmarsch muss für kurze Zeit den Verkehr auf der Rütistrasse aufgehalten haben, denn die Neonazis marschierten auf der rechten Fahrbahn. Im Hintergrund des Bildes ist ein Linienbus der Verkehrsbetriebe Zürichsee und Oberland (VZO) zu erkennen, der dem Menschenzug im Schritttempo hinterherfahren musste. Am besagten Abend habe aber kein Chauffeur besondere Vorkommnisse in Hombrechtikon gemeldet, sagt VZO-Sprecher Joe Schmid.

Keine Parolen skandiert
Den Rechtsextremismus-Experten und Journalisten Hans Stutz überrascht es nicht, dass der Umzug der Neonazis bei der Hombrechtiker Bevölkerung weitgehend unbemerkt blieb. Denn bei solchen Anlässen gebe es keine Ankündigung für ein Publikum. Zudem würden an einem Gedenkmarsch in der Regel keine Parolen skandiert, erklärt er weiter. Es ist demzufolge also gut möglich, dass vom Vorfall nur diejenigen Notiz nahmen, die sich gerade auf der Strasse aufhielten.
Auch der Hombrechtiker Gemeinderat ist erst am Donnerstagmorgen durch einen Journalisten über den Fackelzug informiert worden. Dies schreibt er in einer eilends verschickten Mitteilung an die Medien. Weder bei der Kantonspolizei noch bei der Gemeindeverwaltung seien Reklamationen eingegangen. Auch über Schäden sei nichts bekannt.
Die Behörde hat für die Kundgebung keine Bewilligung erteilt. Der Gemeinderat lässt nun abklären, ob der Fackelzug gegen das Recht verstossen hat. Weitere Schritte behalte man sich vor. Nähere Auskünfte, heisst es in der Mitteilung, wolle der Gemeinderat derzeit nicht geben.
Es ist nicht das erste Mal, dass Rechtsextreme die Gemeinde in ein schlechtes Licht rücken. In Hombrechtikon und Umgebung gab es in den vergangenen Jahren immer wieder Zwischenfälle mit Neonazis. An der Hombrechtiker Chilbi trafen sich jahrelang Rechtsextreme im Festzelt, es kam sogar zu Schlägereien. Vor knapp drei Jahren feierten rund 100 Rechts¬extreme in einer Waldhütte in Männedorf. Und auch ein Mitglied der Neo¬nazi-Band Amok stammt aus dem Dorf.

Aktive Szene im Oberland
Einer, der sich mit der Szene in Hombrechtikon und Umgebung auskennt, ist Lothar Janssen. Er ist Leiter der Beratungs- und Präventionsstelle an der Schule Hombrechtikon. Dort fielen vor ein paar Jahren vereinzelt Schüler mit ihrer rechtsradikalen Gesinnung auf. Derzeit gebe es an der Hombrechtiker Schule aber kein Problem mit Rechtsextremen, sagt Janssen. Auch an der Chilbi sei es ruhiger geworden. Von der Nachricht, dass Neonazis praktisch unbemerkt durch Hombrechtikons Zentrum marschiert sein sollen, zeigte sich Lothar Janssen gestern überrascht. Er habe Kenntnis von einer aktiven Neonazi-Szene im Zürcher Oberland, aber durch seine Arbeit keine direkten Kontakte zu ihr. «Die meisten dieser Männer sind zwischen 20 und 30 Jahre alt», erklärt er weiter.
Auch für Hans Stutz ist klar, dass es in der Umgebung von Hombrechtikon eine aktive rechtsextreme Szene geben muss. «Der Fackelzug zeigt, dass in der Region ein Mobilisierungspotenzial vorhanden ist», sagt er. Die Teilnehmer solcher Kundgebungen würden sich jeweils aus einem Umkreis von 20 bis 30 Kilometern rekrutieren. «Dass der Fackelzug in Hombrechtikon statt¬gefunden hat, bedeutet aber nicht unbedingt, dass die Neonazis auch im Dorf wohnen.»

© Newsnet / Tages-Anzeiger; 22.02.2012
Region
Anzeige nach Neonazi-Umzug in Hombrechtikon
ep
Nachdem am 13. Februar Rechtsextreme durch Hombrechtikon gezogen sind, reagiert der Gemeinderat. Er hat Anzeige eingereicht. Damit sollen die Organisatoren und Teilnehmenden zur Rechenschaft gezogen werden.
Mit brennenden Fackeln zogen am Abend des 13. Februar rund 50 Neonazis durch Hombrechtikon. Mit dem Marsch wollten sie auf die Bombardierung der Stadt Dresden am 13. Februar 1945 aufmerksam machen. Ein Ereignis, das von Neonazis alljährlich genutzt wird, um mit Protestmärschen an die Öffentlichkeit zu treten.
Nachdem der Gemeinderat vom Anlass erst durch die Medien erfahren hatte, teilt er heute mit, der Anlass sei «widerrechtlich durchgeführt worden». Der Gemeinderat Hombrechtikon habe daher bei der Kantonspolizei Zürich Anzeige gegen unbekannt eingereicht. «Diese Anzeige zielt an die Organisation und Teilnehmenden des unbewilligten Fackelzugs, an dem offensichtlich Mitglieder einer neonazistischen Bewegung» teilgenommen haben.
Der Gemeinderat betont, dass er «jedwede Form neonazistischen Gedankenguts und neonazistischer Aktivitäten absolut ablehnt». Die Erteilung einer Bewilligung für die Durchführung eines solchen Fackelzugs wäre nie infrage gekommen. Wer den Anlass organisiert hat, ist nicht bekannt.

© Der Landbote; 18.02.2012; Seite 24
Zürich
Ein Fackelzug mit Spätwirkung
Hombrechtikon. Ein Fackelzug von 50 Rechtsextremen durch das Dorfzentrum sorgt in Hombrechtikon erst Tage später für Wirbel: Offenbar hat kaum jemand den nächtlichen Aufmarsch bemerkt.
Frank Speidel/Michel Wenzler

Ein medialer Sturm ging gestern über Hombrechtikon nieder: Nachdem die Pendlerzeitung «20 Minuten» über einen «Neonazi-Fackelzug durch ein Zürcher Dorf» berichtet hatte, wurden die Gemeindebehörden mit Anfragen überhäuft. Rund 50 Rechtsextreme sollen am Montag mit einem Transparent, das an die Bombardierung Dresdens 1945 erinnerte, durchs Dorf gezogen sein. Der Gemeinderat sei erst am Donnerstagmorgen durch einen Journalisten dar¬über informiert worden, schreibt dieser in einer eilends verschickten Mitteilung. Er lässt nun abklären, ob der Fackelzug gegen das Recht verstossen hat.
Nicht das erste Mal
Es ist nicht das erste Mal, dass Rechtsextreme die Zürichseegemeinde Hombrechtikon in schlechtes Licht rücken. Vor Jahren zettelten sie an der Dorfchilbi Schlägereien an. Einer, der sich mit der Szene in der Umgebung auskennt, ist Lothar Janssen, Leiter der Beratungs- und Präventionsstelle an der Schule Hombrechtikon. Dort fielen vor ein paar Jahren vereinzelt Schüler mit ihrer rechtsradikalen Gesinnung auf. Derzeit gebe es an der Hombrechtiker Schule aber kein Problem mit Rechtsextremen, sagt Janssen. Auch an der Chilbi sei es ruhiger geworden. Von der Nachricht über den Fackelzug zeigte er sich gestern überrascht. Er habe Kenntnis von einer aktiven Neonazi-Szene im Zürcher Oberland, aber durch seine Arbeit keine direkten Kontakte zu ihr. «Die meisten dieser Männer sind zwischen 20 und 30 Jahre alt.»
Rechtsextremismus-Experte und Journalist Hans Stutz überrascht es nicht, dass der Umzug der Neonazis bei der Hombrechtiker Bevölkerung weitgehend unbemerkt blieb. Denn bei solchen Anlässen gebe es keine Ankündigung für ein Publikum. Zudem würden an einem Gedenkmarsch in der Regel keine Parolen skandiert – gut möglich also, dass vom Vorfall nur jene Notiz nahmen, die sich gerade in der Strasse aufhielten.
Klar ist für Stutz, dass es in der Umgebung von Hombrechtikon eine aktive rechtsextreme Szene geben muss. «Der Fackelzug zeigt, dass in der Region ein Mobilisierungspotenzial vorhanden ist.» Die Teilnehmer solcher Kundgebungen würden sich jeweils aus einem Umkreis von 20 bis 30 Kilometer re-krutieren. «Dass der Fackelzug in Hombrechtikon stattgefunden hat, bedeutet aber nicht unbedingt, dass die Neonazis auch im Dorf wohnen.»
Vor knapp drei Jahren hatten rund 100 Rechtsextreme in einer Waldhütte im nahen Männedorf eine Feier abgehalten. Ein Jahr später sorgte die Verurteilung der Neonazi-Band Amok wegen Rassendiskriminierung für Aufsehen. Der Sänger stammte aus Hombrechtikon, der Schlagzeuger aus dem benachbarten Wolfhausen. In einem Lied der Gruppe war Stutz mit dem Tod gedroht worden (siehe Kasten).
Neonazi-Band mit einem Bezug zu Hombrechtikon
«Hans Stutz, du musst dich nicht wundern, wenn einst ein Messer in deinem Rücken steckt»: Wegen diesem und anderen Songtexten mussten sich die Mitglieder der Neonazi-Band Amok 2010 vor der Justiz verantworten. Der Journalist Stutz ist Experte für Rechtsextremismus. Der Sänger der Band Amok wohnte zum Zeitpunkt der Verstösse – das heisst, als die CD veröffentlicht wurde – in Hombrechtikon, der Schlagzeuger im nahen Wolfhausen, der Gitarrist in Siebnen und der Bassist im aargauischen Zetzwil.
Vom Amtsstatthalteramt Luzern wurden die bei der Verurteilung 22- bis 29-jährigen Männer unter anderem wegen Drohung und Rassendiskriminierung zu Geldstrafen von mehreren Tausend Franken verurteilt.
Ob die Band etwas mit dem Hombrechtiker Fackelumzug vom Montag zu tun hat, ist unklar. Die Lust aufs Musikmachen jedenfalls ist den Bandmitgliedern nach der Verurteilung nicht vergangen: 2010 hat Amok eine neue CD veröffentlicht. (fsp)

© Newsnet / Tages-Anzeiger; 01.03.2012
Region
«Die Neonazis treffen sich in Jona»
Jvo Cukas, Simon Eppenberger
Der Fackelzug von Neonazis in Hombrechtikon beschäftigt nun die Politik. Der Regierungsrat muss Stellung nehmen. Während die Organisatoren nach wie vor unbekannt sind, kennt man im Dorf die Rechtsextremen gut.

Der Fackelumzug von Neonazis in Hombrechtikon beschäftigt nun auch den Zürcher Regierungsrat. In einer Interpellation fordern die Kantonsrätinnen Mattea Meyer (SP) und Alma Redzic (GP) Klarheit, wer hinter dem Fackelmarsch steht. Auch wollen sie wissen, ob neue Gruppierungen bekannt sind, die auf Kantonsgebiet aktiv sind.
Ein Augenschein vor Ort in Hombrechtikon zeigt, dass im Dorf bekannt ist, wer zur rechten Szene gehört. Einer Gruppe junger Männer, die vor einem Kiosk stehen, sind Mitglieder der Neonazi-Band Amok bekannt. Dieser werden Verbindungen zum weltweiten Netz Blood and Honour zugewiesen. Zwei der Mitglieder wohnen in Hombrechtikon und Umgebung.

Gut vernetzt
Sie fallen aber nicht auf, sagt ein junger Mann. Früher seien die Neonazis präsenter gewesen, jetzt würden sie sich unauffälliger verhalten. Früher tranken sie in der Krone ihr Bier. «Jetzt treffen sich die Neonazis in einer Bar in Jona.» Dort tauchen die Rechtsextremen regelmässig auf, wie ein Stammgast vor Ort bestätigt. «Sie verhalten sich ruhig und fallen nicht weiter negativ auf», heisst es in der Bar.
Die wenigen Neonazis sind offenbar aber sehr gut vernetzt. Sie seien durch die engen Kontakte innerhalb der rechtsextremen Szene im Stande, Dutzende Gleichgesinnte zu mobilisieren, wie jemand aus der Region sagt. Das war am 13. Februar der Fall. Damals nahmen rund 50 Rechtsextreme am Fackelzug teil, um an die Bombardierung von Dresden am 13. Februar 1945 zu erinnen.

Bundesnachrichtendienst sagt nichts
Stehen also Mitglieder der Band Amok hinter dem Fackelzug im oberländer Dorf? Beim Nachrichtendienst des Bundes, welcher die rechte Szene beobachtet, will man auf Anfrage keine Informationen zu einzelnen Gruppen öffentlich machen und verweist auf einen - in den letzten Jahren jeweils sehr allgemein gehaltenen – Bericht zum Extremismus in der Schweiz. Dieser wird erst im Mai veröffentlicht. Auch die Kantonspolizei hat keine neuen Erkenntnisse zum Fackelzug, wie Sprecher Stefan Oberlin erklärt. «Bisher hat sich kein einziger Zeuge zum Fall gemeldet.»
Laut Rechtsextremismusexperte Hans Stutz ist zwar möglich, dass Mitglieder der Band den Fackelzug mitinitiierten. Hinweise gebe es aber keine. «Ich halte dies sogar eher für unwahrscheinlich.» Ganz allgemein sei es in den letzten Jahren im Kanton Zürich ruhiger geworden, was grössere Gruppierungen Rechtsextremer betreffe. So sei auf dem Infoportal der Partei national orientierter Schweizer (Pnos) nicht mehr besonders viel Aktivität zu verzeichnen. Von kleineren Gruppen höre man so gut wie gar nichts mehr.

Mehr Cliquen statt Grossgruppen
Einzig für die Europäische Aktion (EA) rund um den Holocaust-Leugner Bernhard Schaub, seien verschiedene Zürcher aktiv. «Dort laufen in der Schweiz alle Fäden zusammen», meint Stutz. Allerdings sei auch hier unklar, ob der Fackelzug in Hombrechtikon mit der Gruppe in Verbindung gebracht werden könne. «Viele junge Rechtsextreme bewegen sich heute nicht mehr in grösseren Gruppierungen, sondern funktionieren mehr als regionale Cliquen.» Eine genaue Zahl rechtsextrem Orientierter im Kanton Zürich kann Stutz aber nicht nennen.
Ob die Interpellation der beiden Kantonsrätinnen nun also Licht ins Dunkel der rechten Szene bringen kann, ist fraglich. Auch der Regierungsrat wird wohl nur beschränkt mehr Zugang zu Informationen haben, welche die Hintergründe des Fackelzuges näher beleuchten könnten.

© Newsnet / Tages-Anzeiger; 17.02.2012
Region
«Dieses Ereignis totzuschweigen, spielt Neonazis in die Hände»
50 Neonazis sind am Montagabend durch Hombrechtikon gezogen. Wenn an einem Ort rechtsextreme Veranstaltungen stattfinden, leben in der Umgebung auch Leute aus der Szene, sagt ein Experte.

Tina Fassbind
Am Montagabend, 13. Februar 2012 fand in Hombrechtikon ein Fackelumzug statt, an dem gegen 50 Personen teilgenommen haben. «Kein Vergeben, Kein Vergessen. 13. Februar 1945» steht auf einem Transparent. Damit nehmen sie Bezug auf das Bombardement der Stadt Dresden durch die Alliierten, bei dem mindestens 20'000 Menschen umkamen. Ein Ereignis, das von Neonazis alljährlich genutzt wird, um mit Protestmärschen an die Öffentlichkeit zu treten. In diesem Jahr offenbar auch im Zürcher Oberland.
Obschon der Pendlerzeitung «20 Minuten» Bilder des Umzugs vorliegen, will niemand etwas von dem Ereignis mitbekommen haben. «Bis zum jetzigen Zeitpunkt sind keinerlei Meldungen zu dem Fackelzug in Hombrechtikon bei der Kantonspolizei Zürich eingegangen», betont ein Polizeisprecher auf Anfrage. Auch die Gemeinde Hombrechtikon gibt in einer Pressemitteilung von heute Freitag bekannt, dass sie keine Kenntnis von diesem Fackelzug hatte.
Der Umzug sei in einer Art und Weise durchgeführt worden, «dass weder beim Gemeinderat noch bei der Gemeindeverwaltung noch bei der Kantonspolizei Reklamationen eingegangen sind», heisst es dort. Auch über allfällige Schäden sei nichts bekannt.
«Wegschauen ist das Unangebrachteste»
Hans Stutz, Experte für Rechtsextremismus und Journalist, geht davon aus, dass die Bilder des Umzugs den Medien von Mitgliedern der rechtsextremen Szene zugespielt wurden. «Es geht darum, in einer Region Präsenz zu markieren. Man will zeigen, dass man eine gewisse Anzahl Menschen mobilisieren kann», so Stutz.
Warum der Fackelumzug ausgerechnet in Hombrechtikon stattfand, konnte der Experte nicht erklären. «Es gibt aber einen Erfahrungswert: Wenn an einem Ort eine rechtsextreme Veranstaltung stattfindet, dann leben in der Umgebung auch Leute aus der Szene. Rechtsextreme reisen nicht 50 oder noch mehr Kilometer an, um irgendwo zu demonstrieren.»
Laut Stutz sei es absolut notwendig, über solche Ereignisse zu berichten, damit Gegner der Neonazis informiert sind. «Wenn die Medien ein solches Ereignis totschweigen, dann spielen sie den Rechtsextremen in die Hände. Je mehr Details ans Tageslicht kommen, desto engagierter kann man dagegen auftreten.» Das Ereignis verlange nach gesellschaftlicher Aufmerksamkeit. «Wegschauen ist das Unangebrachteste, was man machen kann.»
Gemeinde will rechtliche Situation prüfen
Die Kantonspolizei Zürich will zum weiteren Vorgehen in der Angelegenheit keine Angaben machen. Die Gemeinde Hombrechtikon lässt nun abklären, wie dieser Fackelzug «in rechtlicher Beziehung allfällig gegen bestehendes Recht verstossen hat». Eine Bewilligung für den Umzug sei jedenfalls nicht erteilt worden. Man behalte sich diesbezüglich ausdrücklich weitere Schritte vor. Weitere Informationen will die Gemeinde diesbezüglich nicht erteilen.

© Tages-Anzeiger; 20.04.2012; Seite 15rse
Ausgabe Rechtes Seeufer Zürich
Fackelzug von Hombrechtikon lässt Fragen offen
Mit dem Aufmarsch von Neonazis am 13. Februar hat sich nun auch der Regierungsrat befasst.
Von Christian Dietz-Saluz

Hombrechtikon - Am 27. Februar reichten die Kantonsrätinnen Mattea Meyer (SP, Winterthur) und Alma Redzic (Grüne, Zürich) eine Interpellation beim Regierungsrat ein. Sie stellten Fragen zu den Hintergründen des Neonazi-Aufmarsches in Hombrechtikon vom 13. Februar und zur Rechtsradikalenszene im Kanton Zürich im Allgemeinen.
Jetzt hat der Regierungsrat geantwortet. Man wisse nach wie vor nicht, wer den Fackelzug organisiert habe. Dass ein «Aufmarsch dieser Grössenordnung» unbemerkt habe durchgeführt werden können, beurteilt der Regierungsrat nüchtern: Anlässe mit 50 oder mehr Teilnehmenden, von denen die Polizei nichts wisse, seien etwas Alltägliches. Aktivitäten von extremistischen Kreisen könnten mithilfe der elektronischen Medien immer besser im Verborgenen geplant und durchgeführt werden. Der Regierungsrat schätzt die rechtsextreme Szene im Kanton Zürich auf rund 50 Mitglieder. «Ein Grossteil von ihnen ist im Zürcher Oberland oder in den angrenzenden Kantonen St. Gallen und Schwyz wohnhaft.» Die Interpellantinnen sind von der Antwort der Regierung enttäuscht. «Wenn man schon weiss, dass im Kanton Zürich 50 Rechtextreme aktiv sind, sollte es doch nicht schwer sein, die Teilnehmer am Fackelzug von Hombrechtikon zu eruieren», sagt Alma Redzic. Da habe sich der Regierungsrat die Arbeit etwas gar leicht gemacht, fügt die grüne Kantonsrätin an.
Abgeschlossen ist der Fall mit der Antwort des Regierungsrats nicht. Es bleibt das polizeiliche Ermittlungsverfahren, das durch den Gemeinderat von Hombrechtikon ausgelöst wurde. Er reichte am 22. Februar eine Anzeige wegen «Durchführung einer Kundgebung ohne Bewilligung» ein. Cornelia Schuoler, Sprecherin der Kantonspolizei Zürich, bestätigt: «Die Ermittlungen gegen Unbekannt sind nach wie vor offen».

© www.sf.tv; 17.02.2012
Schweiz
Verwirrung um Rechts-Aufmarsch in Hombrechtikon
sda/falt
Duldung oder Leugnung? Laut Angaben von «20 Minuten» sollen am vergangenen Montag 50 Rechtsextreme mit Fackeln durch Hombrechtikon (ZH) marschiert sein. Bei der Gemeinde weiss man von nichts. Und auch sonst will den Fackelzug kaum jemand bemerkt haben.
Die Pendlerzeitung «20 Minuten» hatte in der Freitagausgabe berichtet, über 50 Rechtsextreme seien am vergangenen Montag mit Fackeln durch Hombrechtikon gezogen. Auf unscharfen Fotos ist auch ein Transparent zu sehen. Dieses sollte mit der Parole «Kein vergeben, kein Vergessen» an die Bombardierung von Dresden am 13. Februar 1945 erinnern.
Gemeinde prüft rechtliche Schritte
Aufgrund mehrerer Anfragen sah sich der Gemeinderat genötigt, offiziell Stellung zu nehmen. Auf der Homepage weist Gemeindepräsident Max Baur darauf hin, dass der Gemeinderat keine Kenntnis von diesem Fackelzug gehabt habe. Die Behörde sei erst am Donnerstagmorgen von einem Mitarbeiter von «20 Minuten» über dieses Ereignis informiert worden.
Der Fackelzug, so der Gemeinderat in seiner Mitteilung weiter, sei «in einer Art und Weise durchgeführt worden, dass weder beim Gemeinderat noch bei der Gemeindeverwaltung noch bei der Kantonspolizei Reklamationen eingegangen sind». Auch über allfällige Schäden sei nichts bekannt.
Tatsache sei, dass eine Bewilligung dafür nicht erteilt worden sei. Der Gemeinderat lasse nun abklären, «ob und wie dieser Fackelzug allenfalls gegen bestehendes Recht verstossen hat».
In Hombrechtikon ist man bemüht, weiteren Imageschaden zu verhindern. Die örtliche Chilbi war in den vergangenen Jahren mehrfach als Anlaufstelle für Treffen der Rechtsextremen genutzt worden. 2010 wurde der aus Hombrechtikon stammende Sänger einer Band wegen Rassendiskriminierung verurteilt.

© 20 minuten; 05.03.2012; Seite 7zh
Zürich Lokal
Haben «Die Unsterblichen» einen Schweizer Ableger?
ZÜRICH. In Deutschland sorgt die Neonazi-Gruppe «Die Unsterblichen» mit gespenstischen Auftritten für Unruhe. Auf deutschen Foren wird der Fackelzug von Hombrechtikon nun als Auslandaktion dieser Gruppierung gefeiert.

Noch ist unklar, wer hinter dem Fackelzug steckt, mit dem rund 50 Rechtsextreme am 13. Februar durch Hombrechtikon zogen. Die Zürcher Kantonspolizei, die den Vorfall aufgrund einer Anzeige der betroffenen Gemeinde untersucht, tappt im Dunkeln: «Bis jetzt liegen uns keine Zeugenaussagen zu diesem Ereignis vor», sagt Kapo-Sprecher Stefan Oberlin. Die Aktion von Hombrechtikon ist auch auf den Foren deutscher Neonazis ein Thema. Dort ist man überzeugt, dass ein Zusammenhang zu den «Unsterblichen» besteht. Diese neu aufgetretene Gruppierung hat in Deutschland in den letzten Monaten mit über 20 Aufmärschen für Aufsehen gesorgt, unter anderem auch gleich an der Schweizer Grenze in Konstanz.
Gespenstisch sind die Auftritte der «Unsterblichen» nicht nur, weil der Spuk jeweils nach wenigen Minuten wieder vorbei ist, sondern auch, weil die Teilnehmer jeweils Masken tragen. Der brandenburgische Verfassungsschutz bestätigt gegenüber der «SonntagsZeitung», dass es möglich sei, dass «Die Unsterblichen» Nachahmer in der Schweiz fänden. Mit der Schweiz verbunden ist die Gruppierung auch über ihre beiden Internetplattformen: Deren Server stehen in der Schweiz. Der betroffene Provider aus Jona SG will die Seiten nun überprüfen. Marco Lüssi
Waffen und Sprengstoff
BERLIN. Die Aktivitäten der «Unsterblichen» bereiten dem deutschen Verfassungsschutz Kopfschmerzen. Seit Anfang Jahr haben die Behörden in sieben Bundesländern Razzien gegen die neue Neonazi-Bewegung durchgeführt, über 50 Wohnungen wurden durchsucht. In Hamburg hat die Polizei am Freitag bei einer Aktion gegen die «Unsterblichen» Waffen und Sprengstoff gefunden. Im Internet ist die Gruppierung mit Videos ihrer Aufmärsche präsent, die sie ins Netz stellt.

«NS-Mystik in modernisierter Form»
Herr Althof, wie gefährlich sind die «Unsterblichen»?
Samuel Althof: Sie vertreten eine rassistische Ideologie und sehen Ausländer als verantwortlich für den «Volkstod» – eine von den Nazis und Neonazis gebrauchte Formel zur Ausgrenzung und Entwertung von Menschen mit Migrationshintergrund. Ziel ihrer Aufmärsche ist, Angst zu verbreiten und im Endeffekt Menschen zu vertreiben.
Was fällt am Vorgehen der «Unsterblichen» auf?
Sie treten überraschend und in der Nacht auf, sie tragen Fackeln und weisse Masken – das ist ein «Event»-Erlebnis, das jedem Teilnehmer einen «Kick» gibt und sie zusammenschweissen kann. Hier wird bewusst NS-Mystik in einer modernisierten Form wiederbelebt.
Könnte der Fackelzug im Hombrechtikon die erste Aktion der «Unsterblichen» in der Schweiz sein?
Das ist möglich. Allerdings waren die «Unsterblichen» auf Schweizer Neonazi-Foren bisher kein Thema. Nur: Die Szene wird immer konspirativer, da hat sie von den Linksextremen gelernt. lüs
*Samuel Althof ist Experte für Rechtsextremismus-Prävention.

 

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