Ein
nationales Ereignis, doch nur der Busfahrer hat es gesehen
Wie ein Foto und das unreflektierte Handeln von Journalisten den
Eindruck eines nationalen rechtsextremen Ereignisses vermitteln.
31. Juli 2012
Als sei der
20Minuten Reporter selbst vor Ort gewesen, beginnt er mit dem Artikel:
Es sei eine gespenstische Szene in Hombrechtikon gewesen, die sich
am Montagabend des 13. Februar dort abgespielt habe.e. Mit dieser
stimmungsvollen Schilderung beginnt ein kurzer Bericht der Zeitung
20 minuten über einen Aufmarsch von Rechtsextremen in Hombrechtikon.
Mit Fackeln in der Hand sei eine Gruppe Rechtsextremer, die in ihrer
Grösse nicht klar verifizierbar war, durch Hombrechtikon marschiert.
Noch am selben
Abend erreichte ein E-Mail mit einem Foto dieses Umzugs die Redaktion
der Zeitung 20 min. Der Absender konnte nicht festgestellt werden,
da das E-Mail anonym verschickt worden war. So wenigstens schilderte
der Dienst habende Journalist, der die Fachstelle um eine Analyse
bat, den Sachverhalt am Telefon.
Anhand
des Fotos, das der Fachstelle vorliegt, kann die Grösse der
Gruppe nicht klar bestimmt werden, denn ein Transparent mit der
Aufschrift „Kein Vergessen, Kein Vergessen 18. Februar 1945“
verhindert die Sicht auf die Gruppe. Auf dem unscharfen Foto ist
eine Gruppe schlecht erkennbarer, dunkel gekleideter Menschen zu
sehen, dahinter zeigt sich ein Bus des öffentlichen Verkehrs,
sowie einige Autos. Sonst sind auf der Strasse keine weiteren Menschen
zu sehen.
Anfragen bei
der Polizei ergaben, dass niemand von diesem Fackelzug Kenntnis
hatte. Einziger Zeuge dieser Szene war ein Buschauffeur. Da die
Gruppe einen Teil der Strasse blockierte, wurde dieser an einer
zügigen Weiterfahrt gehindert.
Angst machen
und Angst haben
Nun folgt eine Geschichte, welche jegliche Proportionalität
und Relevanz dieses rechtsextremen Auftritts sprengt. Die erste
Meldung von diesem Vorfall erfolgt am 17. Februar 2012 durch die
Pendlerzeitung 20 min mit folgender Überschrift: „Neo
Nazi Fackelzug durch Zürcher Dorf“. In einer Analyse
folgerte der Rechtsextremismusexperte Hans Stutz, dass es im grösseren
Umkreis von Hombrechtikon wieder eine aktive, rechtsextreme Szene
gäbe. Für den Experten war schnell klar, dass dort, wo
Neonazis geographisch auftreten, sich auch eine dementsprechende
Szene befinden müsse, die man genau zu beobachten habe. Dabei
lässt der Experte allerdings völlig außer Acht,
dass die modernen, zur Mobilisation verwendeten Techniken wie SMS
und Internet, auch eine sehr weit gestreute Szene zu mobilisieren
vermögen.
Eine Flut von mehr als 30 Zeitungsberichten schildert das Ereignis
von Hombrechtikon. Eine Strafanzeige und Mutmassungen über
die internationalen Verbindungen zu einer rechtsextremen Gruppierung,
genannt „Die Unsterblichen“, führen rasch zu politischen
Vorstössen im Gemeinderat von Hombrechtikon.
Am 27. Februar
reichen die Kantonsrätinnen Mattea Meyer (SP, Winterthur) und
Alma Redzic (Grüne, Zürich) eine Interpellation ein. Sie
stellen Fragen zu den Hintergründen des Aufmarsches und zur
Rechtsradikalen-Szene im Kanton Zürich. Ende April ergeht die
Antwort des Regierungsrats auf die Interpretationen: «Es ist
nach wie vor nicht bekannt, wer den Fackelzug organisiert hat.»
Zur gleichen Zeit bestätigt Cornelia Schuoler, Sprecherin der
Kantonspolizei Zürich, dass die Ermittlung gegen unbekannt
immer noch offen sei.
Als Ergebnis
dieser Geschichte kann festgehalten werden, dass es einer kleinen
Gruppe Rechtsextremer gelungen ist, mittels eines einzigen Fotos
eines Fackelmarsches, der lediglich von einem einzigen Zeugen gesehen
wurde, eine mediale Präsenz nationalen Ausmasses zu erlangen.
Es wurde ein
Bedrohungsszenario erschrieben, das jeglichen Bezug zu Relevanz
und tatsächlicher Wirkung des Aufmarsches verloren hatte. Damit
gelangen wir in den Teufelskreis einer fehlgeleiteten Wahrnehmung,
um uns vor einer Realität zu ängstigen, die von unseren
eigenen Bedrohungsbildern kreiert worden ist.
Samuel Althof
Nachtrag: 20Minuten veröffentlichte ein zweites
Foto vom Fackelzug. Darum kann davon ausgegangen werden, dass
der Fackelzug ausser vom Bussfahrer noch von einer zweiten Person
gesehen worden ist.
Eine Auswahl
der dem Erignis folgenden Artikel:
© 20 minuten; 17.02.2012; Seite 5zh
Zürich Lokal
Neonazi-Fackelzug
durch Zürcher Dorf
HOMBRECHTIKON. Über 50 Rechtsextreme sind am Montagabend mit
Fackeln durch Hombrechtikon gezogen. Gemeinde und Polizei wussten
nichts vom Neonazi-Aufmarsch.
Gespenstische Szenen am Montag nach 20 Uhr in Hombrechtikon: Dutzende
Männer mit brennenden Fackeln in den Händen zogen auf
der Hauptstrasse durch die Zürcher Landgemeinde. Vor sich trugen
sie ein Transparent, das an die Bombardierung von Dresden am 13.
Februar 1945 erinnerte. Durch Bomben, die britische und amerikanische
Kampfflugzeuge abgeworfen hatten, waren damals bis zu 25 000 Menschen
ums Leben gekommen. «Die Teilnehmer des Umzugs waren zwischen
20- und 30-jährig, alle waren dunkel gekleidet», sagte
ein Anwohner, der die Szenerie beobachtet hatte, zu 20 Minuten.
Die Gruppe sei schweigend durch das ganze Dorf marschiert.
Bei der Kantonspolizei Zürich hat man keine Kenntnis von dem
Neonazi-Aufmarsch, wie es auf Anfrage hiess. Laut Hombrechtikons
Gemeindepräsident Max Baur (FDP) haben die unbekannten Veranstalter
nicht um eine Bewilligung ersucht. «Eine Bewilligung hätten
wir auch nicht erteilt», so Baur. «Menschen mit einer
solchen Gesinnung wollen wir in ihren Aktionen nicht unterstützen.»
Er hoffe, dass sich so etwas nicht wiederhole. Warum die Neonazis
ausgerechnet nach Hombrechtikon gekommen seien, könne er sich
nicht erklären: «Wir hatten früher mal Probleme
mit jungen Neonazis, aber das hat sich schon vor fünf Jahren
beruhigt.» Die Initianten des Marsches scheinen stolz auf
ihre Aktion zu sein: 20 Minuten wurden anonym Fotos des Fackelzugs
zugeschickt – vermutlich aus diesen Kreisen. marco lüssi
«Eine Bewilligung für eine solche Aktion hätten
wir nicht erteilt.»
Max Baur
Gemeindepräsident von Hombrechtikon.
«Dies deutet auf eine grössere aktive Szene hin»
Herr Stutz*, Dutzende Rechtsextreme ziehen durch ein Zürcher
Dorf, um der Bombardierung Dresdens zu gedenken. Überrascht
Sie das?
Hans Stutz: Meines Wissens ist ein solcher Fackelzug in der Deutschschweiz
eine Premiere. Nur in Genf hat es letztes Jahr zum Jahrestag eine
kleine Kundgebung gegeben. Bekannt ist seit langem, dass Schweizer
Neonazis für dieses Datum nach Dresden reisen. Das Gedenken
an den «Bomben-Holocaust», wie er in diesen Kreisen
genannt wird, hat für die Neonazis einen hohen Stellenwert.
Wie kann es sein, dass diese Aktion stattfinden konnte, ohne dass
die Polizei etwas mitbekam?
Die Schweizer Neonazi-Szene kann sehr schnell eine beträchtliche
Zahl Leute mobilisieren, ohne dass davon etwas nach aussen dringt.
Ist mit weiteren solchen Kundgebungen zu rechnen?
Dieser Fackelzug deutet jedenfalls darauf hin, dass es im grösseren
Umkreis von Hombrechtikon wieder eine grössere, aktive rechtsextreme
Szene gibt. Das muss man genau beobachten. lüs
*Hans Stutz ist Rechtsextremismus-Experte.
© 20 minuten;
17.02.2012
Gemeinde
reagiert auf Neonazi-Umzug
Ein Neonazi-Umzug hat Hombrechtikon aufgeschreckt. Jetzt will die
Zürcher Gemeinde den Vorfall untersuchen. An einen Rückfall
in alte Zeiten glauben die Verantwortlichen nicht.
In Hombrechtikon ist die Hölle los. Seit 20 Minuten enthüllte,
dass am Montagabend in Hombrechtikon ein Neonazi-Fackelzug stattgefunden
hat, sind die Telefonleitungen der Gemeindeverwaltung überlastet
und die gewünschten Personen nur schwer erreichbar. Nun hat
der Gemeinderat eine Pressemitteilung versandt: Er bekräftigt
darin noch einmal, dass er bis gestern keine Kenntnis vom Vorfall
hatte. Auch Reklamationen oder Schadensmeldungen seien nicht
eingegangen.
Doch die Ereignisse bleiben nicht ohne Folgen. Der Gemeinderat klärt,
inwiefern «der Fackelzug allfällig gegen bestehendes
Recht verstossen hat». Eine Bewilligung sei auf jeden Fall
nicht erteilt worden, rechtliche Schritte behalte man sich vor.
Weitere Auskünfte will weder der Gemeindeschreiber noch der
–präsident erteilen.
Gestern waren
die Verantwortlichen noch redseliger: Warum die Neonazis ausgerechnet
nach Hombrechtikon gekommen seien, könne er sich nicht erklären,
sagte Gemeindepräsident Max Baur auf Anfrage. «Wir hatten
früher mal Probleme mit jungen Neonazis», so Baur.
Neonazi-Band
verurteilt
In der
Tat geben Neonazis in Hombrechtikon nicht zum ersten Mal zu reden.
So versammelten sich an der traditionellen Chilbi jahrelang Rechtsextreme
im Festzelt, einige reisten gar aus Deutschland an. Schlägereien
und Unruhen waren die Folge. Im Juni 2010 wurden zudem vier Mitglieder
einer Band wegen Rassendiskriminierung und weiteren Vergehen verurteilt.
Der Sänger stammte aus Hombrechtikon, der Schlagzeuger aus
dem benachbarten Wolfhausen.
Gemäss Gemeindepräsident
Baur hat sich das Problem mittlerweile entschärft – bis
vergangenen Montag. Nun hofft er, dass sich eine solche Aktion nicht
wiederholt. Wie Rechtextremismus-Experte Hans Stutz sagt, bleibt
dies womöglich ein frommer Wunsch: «Dieser Fackelzug
deutet jedenfalls darauf hin, dass es im grösseren Umkreis
von Hombrechtikon wieder eine grössere, aktive rechtsextreme
Szene gibt.»
(fum/lüs)
© SonntagsZeitung;
04.03.2012; Seite 7
Nachrichten
Deutsche Neonazi-Gruppe «Die Unsterblichen»
nutzt Internet-Server in der Schweiz
Aufmarsch im zürcherischen Hombrechtikon steht im Zusammenhang
mit der militanten Bewegung
Zürich Die militante deutsche Neonazi-Gruppierung «Die
Unsterblichen», bei der die Hamburger Polizei am vergangenen
Freitag Sprengstoff und Waffen gefunden hat, nutzt Server in der
Schweiz. Das zeigen Recherchen der SonntagsZeitung. Vieles deutet
zudem darauf hin, dass der rechtsextreme Aufmarsch in Hombrechtikon
ZH vom 13. Februar in Zusammenhang mit der neuen Organisation steht.
«Die Unsterblichen» wollen laut eigenen Angaben die
Demokratie durch einen völkischen Führerstaat ersetzen.
Im Untergrund veranstalten sie brutale Kämpfe unter sich, und
sie finden immer mehr Anhänger in ganz Deutschland. Allein
in den letzten Monaten marschierten die Anhänger der mysteriösen
Gruppierung über 20-mal auf. Im Internet kursieren zahlreiche
Videos ihrer Aktionen mit teilweise mehreren Hundert Neonazis.
Der deutsche Verfassungsschutz ist alarmiert, die Behörden
gehen hart gegen die Bewegung vor. Seit Anfang Jahr fanden in sieben
Bundesländern Razzien statt, die Polizei durchsuchte mehr als
50 Wohnungen.
Den Hintermännern der Organisation dienen die zwei Internetseiten
spreelichter.info und werde-unsterblich.info als Schaltzentralen,
wie aus einem Bericht des brandenburgischen Verfassungsschutzes
hervorgeht. Beide Plattformen sind beim Anbieter Softronics in Jona
registriert – unweit von Hombrechtikon. Gemäss dem Bericht
ist der geschickte Einsatz neuer Medien der «Unsterblichen»
für die rechtsextreme Szene richtungweisend. Die Organisation
gilt als neuer Prototyp neonazistischer Organisation. Erschwerend
für die Ermittler ist, dass sich die Aktivisten über interne
Kommunikationsnetze verabreden. Dafür nutzen die Drahtzieher
die Serverstrukturen von Softronics. Die Firma stellt ihren Zugang
zum Internet über das Netz der UPC Cablecom sicher.
Die Polizei tappt im Fall Hombrechtikon im Dunkeln
Konfrontiert mit den Recherchen hat der Schweizer Kabelnetzbetreiber
jetzt reagiert: «Wir sind mit dem betroffenen Unternehmen
in Kontakt getreten», sagt Sprecher Andreas Werz. Den Fall
habe man zudem an die interne Abteilung weitergeleitet, die mit
dem Bundesamt für Polizei (Fedpol) in Kontakt stehe. Der Provider
Softronics will die Seiten laut eigenen Angaben prüfen.
Die Aufmärsche der «Unsterblichen» laufen immer
nach dem gleichen Muster ab. Weiss maskiert, schwarz gekleidet und
mit brennenden Fackeln marschieren sie im Schutz der Dunkelheit
unangemeldet auf. Der Spuk dauert oft nur wenige Minuten, die Polizei
kommt meist zu spät. So, wie in Hombrechtikon, als rund 50
Neonazis mit einem unbewilligten Fackelmarsch der Opfer der Bombardierung
von Dresden während des Zweiten Weltkriegs gedachten. In einem
Forum deutscher Neonazis tauchten unter dem Titel «Die Unsterblichen»
Bilder der Aktion auf. Laut einem Mitglied der Szene soll die Kundgebung
an der Goldküste als Startschuss für die Bewegung in der
Schweiz gedient haben.
Die Zürcher Polizei tappt diesbezüglich noch immer im
Dunkeln. «Es ist erstaunlich, wir haben nur aus den Medien
Kenntnis von diesem Vorfall», sagt Stefan Oberlin, Sprecher
der Kantonspolizei Zürich. Weder die Schweizer noch die deutschen
Behörden wollten sich zu einem möglichen Zusammenhang
äussern. Laut brandenburgischem Verfassungsschutz ist es möglich,
dass «Die Unsterblichen» Nachahmer in der Schweiz finden.
Fabian Eberhard
© Zürichsee-Zeitung; 18.02.2012; Seite 3zsr
Faksimile
Zürichsee-Zeitung Bezirk Meilen Meilen
Neonazis zogen fast unbemerkt durch Hombrechtikon
Hombrechtikon. Weder bei Polizei noch Gemeinde gingen wegen des
Neonazi-Fackelzugs Meldungen ein. Offenbar haben die Anwohner von
der Kundgebung kaum etwas mitbekommen. Rechtsextremismus-Experte
Hans Stutz wundert das nicht.
FRANK speidel / michel wenzler
Es war eine geisterhafte Szene, die sich am Montagabend in Hombrechtikon
abspielte: Rund 50 schwarz gekleidete Personen – vermutlich
Neonazis – zogen mit Fackeln durchs Dorfzentrum. Doch in Hombrechtikon
bemerkte dieses Treiben offenbar niemand: Die Gruppe verschwand
so schnell und unauffällig wieder, wie sie aufgetaucht war.
Weder bei der Polizei noch bei der Gemeinde gingen Meldungen ein.
Erst gestern – vier Tage später – publizierte die
Pendlerzeitung «20 Minuten» ein verschwommenes Foto
des Umzugs, das dem Blatt möglicherweise aus rechtsextremen
Kreisen zugespielt worden war. Die Aufnahme zeigt die Gruppe mit
einem weissen Transparent, das an die Bombardierung von Dresden
am 13. Februar 1945 durch die Alliierten erinnert.
Der Gedenkmarsch muss für kurze Zeit den Verkehr auf der Rütistrasse
aufgehalten haben, denn die Neonazis marschierten auf der rechten
Fahrbahn. Im Hintergrund des Bildes ist ein Linienbus der Verkehrsbetriebe
Zürichsee und Oberland (VZO) zu erkennen, der dem Menschenzug
im Schritttempo hinterherfahren musste. Am besagten Abend habe aber
kein Chauffeur besondere Vorkommnisse in Hombrechtikon gemeldet,
sagt VZO-Sprecher Joe Schmid.
«Ich hätte die Polizei gerufen»
Auch Anwohnern ist der Gedenkmarsch nicht aufgefallen, wie gestern
ein Augenschein vor Ort ergab. «Wenn ich gesehen hätte,
dass auf der Strasse Neonazis sind, hätte ich sofort die Polizei
gerufen», sagt eine Frau, die direkt an der Rütistrasse
wohnt und an jenem Abend zuhause war. Der Umzug könne nicht
laut gewesen sein, andernfalls hätte ihr Hund angeschlagen.
Im benachbarten Blumenatelier Lehmann und den Restaurants Linde
und Krone sorgte der Fackelumzug der Neonazis für Gesprächsstoff
– allerdings erst gestern, als die Kundgebung publik wurde.
Die Tage davor habe in ihrem Laden kein Kunde den Aufmarsch erwähnt,
sagt die Blumenverkäuferin.
Keine Parolen skandiert
Rechtsextremismus-Experte und Journalist Hans Stutz überrascht
es nicht, dass der Umzug der Neonazis bei der Hombrechtiker Bevölkerung
weitgehend unbemerkt blieb. Denn bei solchen Anlässen gebe
es keine Ankündigung für ein Publikum. Zudem würden
an einem Gedenkmarsch in der Regel keine Parolen skandiert –
gut möglich also, dass vom Vorfall nur jene Notiz nahmen, die
sich gerade auf der Strasse aufhielten.
Klar ist für Stutz, dass es in der Umgebung von Hombrechtikon
eine aktive rechtsextreme Szene geben muss. «Der Fackelzug
zeigt, dass in der Region ein Mobilisierungspotenzial vorhanden
ist.» Die Teilnehmer solcher Kundgebungen würden sich
jeweils aus einem Umkreis von 20 bis 30 Kilometern rekrutieren.
«Dass der Fackelzug in Hombrechtikon stattgefunden hat, bedeutet
aber nicht unbedingt, dass die Neonazis auch im Dorf wohnen.»
In Hombrechtikon und Umgebung gab es in den vergangenen Jahren immer
wieder Zwischenfälle mit Neonazis. An der Hombrechtiker Chilbi
trafen sich jahrelang Rechtsextreme im Festzelt, es kam sogar zu
Schlägereien. Vor knapp drei Jahren feierten rund 100 Rechtsextreme
in einer Waldhütte in Männedorf.
Wegen Schlägerei vor Gericht
Ein Jahr später sorgte die Verurteilung der Neonazi-Band Amok
wegen Rassendiskriminierung für Aufsehen. Die Gruppe hatte
zudem in einem Lied Hans Stutz mit dem Tod gedroht (siehe Kasten).
Der Schlagzeuger stammte aus dem benachbarten Wolfhausen, der Sänger
aus Hombrechtikon.
Neonazi-Band Amok nahm nach Urteil neue CD auf
«Hans Stutz, du musst dich nicht wundern, wenn einst ein Messer
in deinem Rücken steckt»: Wegen diesem und anderen Songtexten
mussten sich die Mitglieder der Neonazi-Band Amok im Sommer 2010
vor der Justiz verantworten. In einem Lied drohten sie dem Luzerner
Journalisten und Experten für Rechtsextremismus Hans Stutz
mit dem Tod. «Verstoss gegen die Rassismus-Strafnorm»
sowie «Drohung mit Gewalt» lauteten die Anklagepunkte.
Der Sänger der Band wohnte zum Zeitpunkt der Verstösse
– das heisst, als die CD veröffentlicht wurde –
in Hombrechtikon, der Schlagzeuger in Wolfhausen, der Gitarrist
in Siebnen und der Bassist im aargauischen Zetzwil.
Der Song kam die Bandmitglieder teuer zu stehen. Vom Amtsstatthalteramt
Luzern wurden die bei der Verurteilung 22- bis 29-jährigen
Männer wegen Drohung, öffentlicher Aufforderung zu Gewalt
und Rassendiskriminierung zu unbedingten Geldstrafen in der Höhe
von mehreren tausend Franken verurteilt. Zwei der Bandmitglieder
wurden zudem wegen Verstössen gegen das Waffengesetz verurteilt.
Ob die Band etwas mit dem Hombrechtiker Fackelumzug vom Montagabend
zu tun hat, ist unklar. Die Lust aufs Musikmachen jedenfalls ist
den Bandmitgliedern nach der Verurteilung nicht vergangen: 2010
hat Amok eine neue CD veröffentlicht – laut Stutz ohne
strafbaren Inhalt. (fsp)
© Newsnet
/ Tages-Anzeiger; 17.02.2012
Region
Neonazis ziehen durch Hombrechtikon
Über 50 dunkel gekleidete Männer marschierten durch die
Strassen von Hombrechtikon. Mit Fackeln und Transparenten erinnerten
sie an die Bombardierung von Dresden von 1945.
pia
Schweigend zogen über 50 Rechtsextreme am Montag durch die
Strassen Hombrechtikons. Die dunkel gekleideten Männer trugen
Fackeln. Sie trugen ein grosses Transparent mit der Inschrift: «Kein
Vergeben, kein Vergessen, 13. Februar 1945.» An diesem Tag
hatten die Alliierten die deutsche Stadt Dresden bombardiert, bis
zu 25'000 Menschen kamen dabei um.
Wie ein Anwohner, der den Umzug beobachtet hatte, gegenüber
der Pendlerzeitung «20 Minuten» sagt, seien die Teilnehmer
des Umzugs zwischen 20 und 30 Jahre alt gewesen.
Anonym Bilder verschickt
Laut der Gratiszeitung hatten weder die Gemeinde noch die Kantonspolizei
Kenntnis von diesem Aufmarsch. Die unbekannten Organisatoren hatten
demnach keine Bewilligung dafür. Für Gemeindepräsident
Max Bauer (FDP) ist unklar, warum sich die Rechtsextremen gerade
sein Dorf für ihren Umzug ausgesucht haben. Er räumt aber
gegenüber «20 Minuten» ein, dass es in der Gemeinde
vor einigen Jahren zu Problemen mit jungen Neonazis gekommen sei.
Offenbar sind die Teilnehmer den Umgang mit Medien gewohnt: Die
Redaktion der Pendlerzeitung hat in den Tagen nach dem Umzug von
einem anonymen Absender Bilder der Veranstaltung erhalten und daraufhin
veröffentlicht.
© Zürcher
Oberländer; 18.02.2012; Seite 5
Bezirk Hinwil
Rechtliche Schritte nach Neonazi-Marsch
Hombrechtikon. Erst Tage später sorgt ein Fackelzug von rund
50 Rechtsextremen durch das Dorfzentrum in Hombrechtikon für
Wirbel: Offenbar hat kaum jemand den nächtlichen Aufmarsch
bemerkt.
Frank Speidel/Michel Wenzler
Es war eine geisterhafte Szene, die sich am Montagabend in Hombrechtikon
abspielte: Rund 50 schwarz gekleidete Personen – vermutlich
Neonazis – zogen mit Fackeln durchs Dorfzentrum. Doch in Hombrechtikon
bemerkte dieses Treiben offenbar niemand: Die Gruppe verschwand
so schnell und unauffällig wieder, wie sie aufgetaucht war.
Keine Meldungen eingegangen
Weder bei der Polizei noch bei der Gemeinde gingen Meldungen ein.
Erst gestern – vier Tage später – publizierte die
Pendlerzeitung «20 Minuten» ein verschwommenes Foto
des Umzugs, das dem Blatt möglicherweise aus rechtsextremen
Kreisen zugespielt worden war. Die Aufnahme zeigt die Gruppe mit
einem weissen Transparent, das an die Bombardierung von Dresden
am 13. Februar 1945 durch die Alliierten erinnert.
Der Gedenkmarsch muss für kurze Zeit den Verkehr auf der Rütistrasse
aufgehalten haben, denn die Neonazis marschierten auf der rechten
Fahrbahn. Im Hintergrund des Bildes ist ein Linienbus der Verkehrsbetriebe
Zürichsee und Oberland (VZO) zu erkennen, der dem Menschenzug
im Schritttempo hinterherfahren musste. Am besagten Abend habe aber
kein Chauffeur besondere Vorkommnisse in Hombrechtikon gemeldet,
sagt VZO-Sprecher Joe Schmid.
Keine Parolen skandiert
Den Rechtsextremismus-Experten und Journalisten Hans Stutz überrascht
es nicht, dass der Umzug der Neonazis bei der Hombrechtiker Bevölkerung
weitgehend unbemerkt blieb. Denn bei solchen Anlässen gebe
es keine Ankündigung für ein Publikum. Zudem würden
an einem Gedenkmarsch in der Regel keine Parolen skandiert, erklärt
er weiter. Es ist demzufolge also gut möglich, dass vom Vorfall
nur diejenigen Notiz nahmen, die sich gerade auf der Strasse aufhielten.
Auch der Hombrechtiker Gemeinderat ist erst am Donnerstagmorgen
durch einen Journalisten über den Fackelzug informiert worden.
Dies schreibt er in einer eilends verschickten Mitteilung an die
Medien. Weder bei der Kantonspolizei noch bei der Gemeindeverwaltung
seien Reklamationen eingegangen. Auch über Schäden sei
nichts bekannt.
Die Behörde hat für die Kundgebung keine Bewilligung erteilt.
Der Gemeinderat lässt nun abklären, ob der Fackelzug gegen
das Recht verstossen hat. Weitere Schritte behalte man sich vor.
Nähere Auskünfte, heisst es in der Mitteilung, wolle der
Gemeinderat derzeit nicht geben.
Es ist nicht das erste Mal, dass Rechtsextreme die Gemeinde in ein
schlechtes Licht rücken. In Hombrechtikon und Umgebung gab
es in den vergangenen Jahren immer wieder Zwischenfälle mit
Neonazis. An der Hombrechtiker Chilbi trafen sich jahrelang Rechtsextreme
im Festzelt, es kam sogar zu Schlägereien. Vor knapp drei Jahren
feierten rund 100 Rechts¬extreme in einer Waldhütte in
Männedorf. Und auch ein Mitglied der Neo¬nazi-Band Amok
stammt aus dem Dorf.
Aktive Szene im Oberland
Einer, der sich mit der Szene in Hombrechtikon und Umgebung auskennt,
ist Lothar Janssen. Er ist Leiter der Beratungs- und Präventionsstelle
an der Schule Hombrechtikon. Dort fielen vor ein paar Jahren vereinzelt
Schüler mit ihrer rechtsradikalen Gesinnung auf. Derzeit gebe
es an der Hombrechtiker Schule aber kein Problem mit Rechtsextremen,
sagt Janssen. Auch an der Chilbi sei es ruhiger geworden. Von der
Nachricht, dass Neonazis praktisch unbemerkt durch Hombrechtikons
Zentrum marschiert sein sollen, zeigte sich Lothar Janssen gestern
überrascht. Er habe Kenntnis von einer aktiven Neonazi-Szene
im Zürcher Oberland, aber durch seine Arbeit keine direkten
Kontakte zu ihr. «Die meisten dieser Männer sind zwischen
20 und 30 Jahre alt», erklärt er weiter.
Auch für Hans Stutz ist klar, dass es in der Umgebung von Hombrechtikon
eine aktive rechtsextreme Szene geben muss. «Der Fackelzug
zeigt, dass in der Region ein Mobilisierungspotenzial vorhanden
ist», sagt er. Die Teilnehmer solcher Kundgebungen würden
sich jeweils aus einem Umkreis von 20 bis 30 Kilometern rekrutieren.
«Dass der Fackelzug in Hombrechtikon statt¬gefunden hat,
bedeutet aber nicht unbedingt, dass die Neonazis auch im Dorf wohnen.»
© Newsnet
/ Tages-Anzeiger; 22.02.2012
Region
Anzeige nach Neonazi-Umzug in Hombrechtikon
ep
Nachdem am 13. Februar Rechtsextreme durch Hombrechtikon gezogen
sind, reagiert der Gemeinderat. Er hat Anzeige eingereicht. Damit
sollen die Organisatoren und Teilnehmenden zur Rechenschaft gezogen
werden.
Mit brennenden Fackeln zogen am Abend des 13. Februar rund 50 Neonazis
durch Hombrechtikon. Mit dem Marsch wollten sie auf die Bombardierung
der Stadt Dresden am 13. Februar 1945 aufmerksam machen. Ein Ereignis,
das von Neonazis alljährlich genutzt wird, um mit Protestmärschen
an die Öffentlichkeit zu treten.
Nachdem der Gemeinderat vom Anlass erst durch die Medien erfahren
hatte, teilt er heute mit, der Anlass sei «widerrechtlich
durchgeführt worden». Der Gemeinderat Hombrechtikon habe
daher bei der Kantonspolizei Zürich Anzeige gegen unbekannt
eingereicht. «Diese Anzeige zielt an die Organisation und
Teilnehmenden des unbewilligten Fackelzugs, an dem offensichtlich
Mitglieder einer neonazistischen Bewegung» teilgenommen haben.
Der Gemeinderat betont, dass er «jedwede Form neonazistischen
Gedankenguts und neonazistischer Aktivitäten absolut ablehnt».
Die Erteilung einer Bewilligung für die Durchführung eines
solchen Fackelzugs wäre nie infrage gekommen. Wer den Anlass
organisiert hat, ist nicht bekannt.
© Der
Landbote; 18.02.2012; Seite 24
Zürich
Ein Fackelzug mit Spätwirkung
Hombrechtikon. Ein Fackelzug von 50 Rechtsextremen durch das Dorfzentrum
sorgt in Hombrechtikon erst Tage später für Wirbel: Offenbar
hat kaum jemand den nächtlichen Aufmarsch bemerkt.
Frank Speidel/Michel Wenzler
Ein medialer Sturm ging gestern über Hombrechtikon nieder:
Nachdem die Pendlerzeitung «20 Minuten» über einen
«Neonazi-Fackelzug durch ein Zürcher Dorf» berichtet
hatte, wurden die Gemeindebehörden mit Anfragen überhäuft.
Rund 50 Rechtsextreme sollen am Montag mit einem Transparent, das
an die Bombardierung Dresdens 1945 erinnerte, durchs Dorf gezogen
sein. Der Gemeinderat sei erst am Donnerstagmorgen durch einen Journalisten
darŸber informiert worden, schreibt dieser in einer eilends
verschickten Mitteilung. Er lässt nun abklären, ob der
Fackelzug gegen das Recht verstossen hat.
Nicht das erste Mal
Es ist nicht das erste Mal, dass Rechtsextreme die Zürichseegemeinde
Hombrechtikon in schlechtes Licht rücken. Vor Jahren zettelten
sie an der Dorfchilbi Schlägereien an. Einer, der sich mit
der Szene in der Umgebung auskennt, ist Lothar Janssen, Leiter der
Beratungs- und Präventionsstelle an der Schule Hombrechtikon.
Dort fielen vor ein paar Jahren vereinzelt Schüler mit ihrer
rechtsradikalen Gesinnung auf. Derzeit gebe es an der Hombrechtiker
Schule aber kein Problem mit Rechtsextremen, sagt Janssen. Auch
an der Chilbi sei es ruhiger geworden. Von der Nachricht über
den Fackelzug zeigte er sich gestern überrascht. Er habe Kenntnis
von einer aktiven Neonazi-Szene im Zürcher Oberland, aber durch
seine Arbeit keine direkten Kontakte zu ihr. «Die meisten
dieser Männer sind zwischen 20 und 30 Jahre alt.»
Rechtsextremismus-Experte und Journalist Hans Stutz überrascht
es nicht, dass der Umzug der Neonazis bei der Hombrechtiker Bevölkerung
weitgehend unbemerkt blieb. Denn bei solchen Anlässen gebe
es keine Ankündigung für ein Publikum. Zudem würden
an einem Gedenkmarsch in der Regel keine Parolen skandiert –
gut möglich also, dass vom Vorfall nur jene Notiz nahmen, die
sich gerade in der Strasse aufhielten.
Klar ist für Stutz, dass es in der Umgebung von Hombrechtikon
eine aktive rechtsextreme Szene geben muss. «Der Fackelzug
zeigt, dass in der Region ein Mobilisierungspotenzial vorhanden
ist.» Die Teilnehmer solcher Kundgebungen würden sich
jeweils aus einem Umkreis von 20 bis 30 Kilometer re-krutieren.
«Dass der Fackelzug in Hombrechtikon stattgefunden hat, bedeutet
aber nicht unbedingt, dass die Neonazis auch im Dorf wohnen.»
Vor knapp drei Jahren hatten rund 100 Rechtsextreme in einer Waldhütte
im nahen Männedorf eine Feier abgehalten. Ein Jahr später
sorgte die Verurteilung der Neonazi-Band Amok wegen Rassendiskriminierung
für Aufsehen. Der Sänger stammte aus Hombrechtikon, der
Schlagzeuger aus dem benachbarten Wolfhausen. In einem Lied der
Gruppe war Stutz mit dem Tod gedroht worden (siehe Kasten).
Neonazi-Band mit einem Bezug zu Hombrechtikon
«Hans Stutz, du musst dich nicht wundern, wenn einst ein Messer
in deinem Rücken steckt»: Wegen diesem und anderen Songtexten
mussten sich die Mitglieder der Neonazi-Band Amok 2010 vor der Justiz
verantworten. Der Journalist Stutz ist Experte für Rechtsextremismus.
Der Sänger der Band Amok wohnte zum Zeitpunkt der Verstösse
– das heisst, als die CD veröffentlicht wurde –
in Hombrechtikon, der Schlagzeuger im nahen Wolfhausen, der Gitarrist
in Siebnen und der Bassist im aargauischen Zetzwil.
Vom Amtsstatthalteramt Luzern wurden die bei der Verurteilung 22-
bis 29-jährigen Männer unter anderem wegen Drohung und
Rassendiskriminierung zu Geldstrafen von mehreren Tausend Franken
verurteilt.
Ob die Band etwas mit dem Hombrechtiker Fackelumzug vom Montag zu
tun hat, ist unklar. Die Lust aufs Musikmachen jedenfalls ist den
Bandmitgliedern nach der Verurteilung nicht vergangen: 2010 hat
Amok eine neue CD veröffentlicht. (fsp)
© Newsnet
/ Tages-Anzeiger; 01.03.2012
Region
«Die Neonazis treffen sich in Jona»
Jvo Cukas, Simon Eppenberger
Der Fackelzug von Neonazis in Hombrechtikon beschäftigt nun
die Politik. Der Regierungsrat muss Stellung nehmen. Während
die Organisatoren nach wie vor unbekannt sind, kennt man im Dorf
die Rechtsextremen gut.
Der Fackelumzug von Neonazis in Hombrechtikon beschäftigt nun
auch den Zürcher Regierungsrat. In einer Interpellation fordern
die Kantonsrätinnen Mattea Meyer (SP) und Alma Redzic (GP)
Klarheit, wer hinter dem Fackelmarsch steht. Auch wollen sie wissen,
ob neue Gruppierungen bekannt sind, die auf Kantonsgebiet aktiv
sind.
Ein Augenschein vor Ort in Hombrechtikon zeigt, dass im Dorf bekannt
ist, wer zur rechten Szene gehört. Einer Gruppe junger Männer,
die vor einem Kiosk stehen, sind Mitglieder der Neonazi-Band Amok
bekannt. Dieser werden Verbindungen zum weltweiten Netz Blood and
Honour zugewiesen. Zwei der Mitglieder wohnen in Hombrechtikon und
Umgebung.
Gut vernetzt
Sie fallen aber nicht auf, sagt ein junger Mann. Früher seien
die Neonazis präsenter gewesen, jetzt würden sie sich
unauffälliger verhalten. Früher tranken sie in der Krone
ihr Bier. «Jetzt treffen sich die Neonazis in einer Bar in
Jona.» Dort tauchen die Rechtsextremen regelmässig auf,
wie ein Stammgast vor Ort bestätigt. «Sie verhalten sich
ruhig und fallen nicht weiter negativ auf», heisst es in der
Bar.
Die wenigen Neonazis sind offenbar aber sehr gut vernetzt. Sie seien
durch die engen Kontakte innerhalb der rechtsextremen Szene im Stande,
Dutzende Gleichgesinnte zu mobilisieren, wie jemand aus der Region
sagt. Das war am 13. Februar der Fall. Damals nahmen rund 50 Rechtsextreme
am Fackelzug teil, um an die Bombardierung von Dresden am 13. Februar
1945 zu erinnen.
Bundesnachrichtendienst sagt nichts
Stehen also Mitglieder der Band Amok hinter dem Fackelzug im oberländer
Dorf? Beim Nachrichtendienst des Bundes, welcher die rechte Szene
beobachtet, will man auf Anfrage keine Informationen zu einzelnen
Gruppen öffentlich machen und verweist auf einen - in den letzten
Jahren jeweils sehr allgemein gehaltenen – Bericht zum Extremismus
in der Schweiz. Dieser wird erst im Mai veröffentlicht. Auch
die Kantonspolizei hat keine neuen Erkenntnisse zum Fackelzug, wie
Sprecher Stefan Oberlin erklärt. «Bisher hat sich kein
einziger Zeuge zum Fall gemeldet.»
Laut Rechtsextremismusexperte Hans Stutz ist zwar möglich,
dass Mitglieder der Band den Fackelzug mitinitiierten. Hinweise
gebe es aber keine. «Ich halte dies sogar eher für unwahrscheinlich.»
Ganz allgemein sei es in den letzten Jahren im Kanton Zürich
ruhiger geworden, was grössere Gruppierungen Rechtsextremer
betreffe. So sei auf dem Infoportal der Partei national orientierter
Schweizer (Pnos) nicht mehr besonders viel Aktivität zu verzeichnen.
Von kleineren Gruppen höre man so gut wie gar nichts mehr.
Mehr Cliquen statt Grossgruppen
Einzig für die Europäische Aktion (EA) rund um den Holocaust-Leugner
Bernhard Schaub, seien verschiedene Zürcher aktiv. «Dort
laufen in der Schweiz alle Fäden zusammen», meint Stutz.
Allerdings sei auch hier unklar, ob der Fackelzug in Hombrechtikon
mit der Gruppe in Verbindung gebracht werden könne. «Viele
junge Rechtsextreme bewegen sich heute nicht mehr in grösseren
Gruppierungen, sondern funktionieren mehr als regionale Cliquen.»
Eine genaue Zahl rechtsextrem Orientierter im Kanton Zürich
kann Stutz aber nicht nennen.
Ob die Interpellation der beiden Kantonsrätinnen nun also Licht
ins Dunkel der rechten Szene bringen kann, ist fraglich. Auch der
Regierungsrat wird wohl nur beschränkt mehr Zugang zu Informationen
haben, welche die Hintergründe des Fackelzuges näher beleuchten
könnten.
© Newsnet
/ Tages-Anzeiger; 17.02.2012
Region
«Dieses Ereignis totzuschweigen, spielt Neonazis in
die Hände»
50 Neonazis sind am Montagabend durch Hombrechtikon gezogen. Wenn
an einem Ort rechtsextreme Veranstaltungen stattfinden, leben in
der Umgebung auch Leute aus der Szene, sagt ein Experte.
Tina Fassbind
Am Montagabend, 13. Februar 2012 fand in Hombrechtikon ein Fackelumzug
statt, an dem gegen 50 Personen teilgenommen haben. «Kein
Vergeben, Kein Vergessen. 13. Februar 1945» steht auf einem
Transparent. Damit nehmen sie Bezug auf das Bombardement der Stadt
Dresden durch die Alliierten, bei dem mindestens 20'000 Menschen
umkamen. Ein Ereignis, das von Neonazis alljährlich genutzt
wird, um mit Protestmärschen an die Öffentlichkeit zu
treten. In diesem Jahr offenbar auch im Zürcher Oberland.
Obschon der Pendlerzeitung «20 Minuten» Bilder des Umzugs
vorliegen, will niemand etwas von dem Ereignis mitbekommen haben.
«Bis zum jetzigen Zeitpunkt sind keinerlei Meldungen zu dem
Fackelzug in Hombrechtikon bei der Kantonspolizei Zürich eingegangen»,
betont ein Polizeisprecher auf Anfrage. Auch die Gemeinde Hombrechtikon
gibt in einer Pressemitteilung von heute Freitag bekannt, dass sie
keine Kenntnis von diesem Fackelzug hatte.
Der Umzug sei in einer Art und Weise durchgeführt worden, «dass
weder beim Gemeinderat noch bei der Gemeindeverwaltung noch bei
der Kantonspolizei Reklamationen eingegangen sind», heisst
es dort. Auch über allfällige Schäden sei nichts
bekannt.
«Wegschauen ist das Unangebrachteste»
Hans Stutz, Experte für Rechtsextremismus und Journalist, geht
davon aus, dass die Bilder des Umzugs den Medien von Mitgliedern
der rechtsextremen Szene zugespielt wurden. «Es geht darum,
in einer Region Präsenz zu markieren. Man will zeigen, dass
man eine gewisse Anzahl Menschen mobilisieren kann», so Stutz.
Warum der Fackelumzug ausgerechnet in Hombrechtikon stattfand, konnte
der Experte nicht erklären. «Es gibt aber einen Erfahrungswert:
Wenn an einem Ort eine rechtsextreme Veranstaltung stattfindet,
dann leben in der Umgebung auch Leute aus der Szene. Rechtsextreme
reisen nicht 50 oder noch mehr Kilometer an, um irgendwo zu demonstrieren.»
Laut Stutz sei es absolut notwendig, über solche Ereignisse
zu berichten, damit Gegner der Neonazis informiert sind. «Wenn
die Medien ein solches Ereignis totschweigen, dann spielen sie den
Rechtsextremen in die Hände. Je mehr Details ans Tageslicht
kommen, desto engagierter kann man dagegen auftreten.» Das
Ereignis verlange nach gesellschaftlicher Aufmerksamkeit. «Wegschauen
ist das Unangebrachteste, was man machen kann.»
Gemeinde will rechtliche Situation prüfen
Die Kantonspolizei Zürich will zum weiteren Vorgehen in der
Angelegenheit keine Angaben machen. Die Gemeinde Hombrechtikon lässt
nun abklären, wie dieser Fackelzug «in rechtlicher Beziehung
allfällig gegen bestehendes Recht verstossen hat». Eine
Bewilligung für den Umzug sei jedenfalls nicht erteilt worden.
Man behalte sich diesbezüglich ausdrücklich weitere Schritte
vor. Weitere Informationen will die Gemeinde diesbezüglich
nicht erteilen.
© Tages-Anzeiger;
20.04.2012; Seite 15rse
Ausgabe Rechtes Seeufer Zürich
Fackelzug von Hombrechtikon lässt Fragen offen
Mit dem Aufmarsch von Neonazis am 13. Februar hat sich nun auch
der Regierungsrat befasst.
Von Christian Dietz-Saluz
Hombrechtikon - Am 27. Februar reichten die Kantonsrätinnen
Mattea Meyer (SP, Winterthur) und Alma Redzic (Grüne, Zürich)
eine Interpellation beim Regierungsrat ein. Sie stellten Fragen
zu den Hintergründen des Neonazi-Aufmarsches in Hombrechtikon
vom 13. Februar und zur Rechtsradikalenszene im Kanton Zürich
im Allgemeinen.
Jetzt hat der Regierungsrat geantwortet. Man wisse nach wie vor
nicht, wer den Fackelzug organisiert habe. Dass ein «Aufmarsch
dieser Grössenordnung» unbemerkt habe durchgeführt
werden können, beurteilt der Regierungsrat nüchtern: Anlässe
mit 50 oder mehr Teilnehmenden, von denen die Polizei nichts wisse,
seien etwas Alltägliches. Aktivitäten von extremistischen
Kreisen könnten mithilfe der elektronischen Medien immer besser
im Verborgenen geplant und durchgeführt werden. Der Regierungsrat
schätzt die rechtsextreme Szene im Kanton Zürich auf rund
50 Mitglieder. «Ein Grossteil von ihnen ist im Zürcher
Oberland oder in den angrenzenden Kantonen St. Gallen und Schwyz
wohnhaft.» Die Interpellantinnen sind von der Antwort der
Regierung enttäuscht. «Wenn man schon weiss, dass im
Kanton Zürich 50 Rechtextreme aktiv sind, sollte es doch nicht
schwer sein, die Teilnehmer am Fackelzug von Hombrechtikon zu eruieren»,
sagt Alma Redzic. Da habe sich der Regierungsrat die Arbeit etwas
gar leicht gemacht, fügt die grüne Kantonsrätin an.
Abgeschlossen ist der Fall mit der Antwort des Regierungsrats nicht.
Es bleibt das polizeiliche Ermittlungsverfahren, das durch den Gemeinderat
von Hombrechtikon ausgelöst wurde. Er reichte am 22. Februar
eine Anzeige wegen «Durchführung einer Kundgebung ohne
Bewilligung» ein. Cornelia Schuoler, Sprecherin der Kantonspolizei
Zürich, bestätigt: «Die Ermittlungen gegen Unbekannt
sind nach wie vor offen».
© www.sf.tv;
17.02.2012
Schweiz
Verwirrung um Rechts-Aufmarsch in Hombrechtikon
sda/falt
Duldung oder Leugnung? Laut Angaben von «20 Minuten»
sollen am vergangenen Montag 50 Rechtsextreme mit Fackeln durch
Hombrechtikon (ZH) marschiert sein. Bei der Gemeinde weiss man von
nichts. Und auch sonst will den Fackelzug kaum jemand bemerkt haben.
Die Pendlerzeitung «20 Minuten» hatte in der Freitagausgabe
berichtet, über 50 Rechtsextreme seien am vergangenen Montag
mit Fackeln durch Hombrechtikon gezogen. Auf unscharfen Fotos ist
auch ein Transparent zu sehen. Dieses sollte mit der Parole «Kein
vergeben, kein Vergessen» an die Bombardierung von Dresden
am 13. Februar 1945 erinnern.
Gemeinde prüft rechtliche Schritte
Aufgrund mehrerer Anfragen sah sich der Gemeinderat genötigt,
offiziell Stellung zu nehmen. Auf der Homepage weist Gemeindepräsident
Max Baur darauf hin, dass der Gemeinderat keine Kenntnis von diesem
Fackelzug gehabt habe. Die Behörde sei erst am Donnerstagmorgen
von einem Mitarbeiter von «20 Minuten» über dieses
Ereignis informiert worden.
Der Fackelzug, so der Gemeinderat in seiner Mitteilung weiter, sei
«in einer Art und Weise durchgeführt worden, dass weder
beim Gemeinderat noch bei der Gemeindeverwaltung noch bei der Kantonspolizei
Reklamationen eingegangen sind». Auch über allfällige
Schäden sei nichts bekannt.
Tatsache sei, dass eine Bewilligung dafür nicht erteilt worden
sei. Der Gemeinderat lasse nun abklären, «ob und wie
dieser Fackelzug allenfalls gegen bestehendes Recht verstossen hat».
In Hombrechtikon ist man bemüht, weiteren Imageschaden zu verhindern.
Die örtliche Chilbi war in den vergangenen Jahren mehrfach
als Anlaufstelle für Treffen der Rechtsextremen genutzt worden.
2010 wurde der aus Hombrechtikon stammende Sänger einer Band
wegen Rassendiskriminierung verurteilt.
© 20 minuten;
05.03.2012; Seite 7zh
Zürich Lokal
Haben «Die Unsterblichen» einen Schweizer Ableger?
ZÜRICH. In Deutschland sorgt die Neonazi-Gruppe «Die
Unsterblichen» mit gespenstischen Auftritten für Unruhe.
Auf deutschen Foren wird der Fackelzug von Hombrechtikon nun als
Auslandaktion dieser Gruppierung gefeiert.
Noch ist unklar, wer hinter dem Fackelzug steckt, mit dem rund 50
Rechtsextreme am 13. Februar durch Hombrechtikon zogen. Die Zürcher
Kantonspolizei, die den Vorfall aufgrund einer Anzeige der betroffenen
Gemeinde untersucht, tappt im Dunkeln: «Bis jetzt liegen uns
keine Zeugenaussagen zu diesem Ereignis vor», sagt Kapo-Sprecher
Stefan Oberlin. Die Aktion von Hombrechtikon ist auch auf den Foren
deutscher Neonazis ein Thema. Dort ist man überzeugt, dass
ein Zusammenhang zu den «Unsterblichen» besteht. Diese
neu aufgetretene Gruppierung hat in Deutschland in den letzten Monaten
mit über 20 Aufmärschen für Aufsehen gesorgt, unter
anderem auch gleich an der Schweizer Grenze in Konstanz.
Gespenstisch sind die Auftritte der «Unsterblichen»
nicht nur, weil der Spuk jeweils nach wenigen Minuten wieder vorbei
ist, sondern auch, weil die Teilnehmer jeweils Masken tragen. Der
brandenburgische Verfassungsschutz bestätigt gegenüber
der «SonntagsZeitung», dass es möglich sei, dass
«Die Unsterblichen» Nachahmer in der Schweiz fänden.
Mit der Schweiz verbunden ist die Gruppierung auch über ihre
beiden Internetplattformen: Deren Server stehen in der Schweiz.
Der betroffene Provider aus Jona SG will die Seiten nun überprüfen.
Marco Lüssi
Waffen und Sprengstoff
BERLIN. Die Aktivitäten der «Unsterblichen» bereiten
dem deutschen Verfassungsschutz Kopfschmerzen. Seit Anfang Jahr
haben die Behörden in sieben Bundesländern Razzien gegen
die neue Neonazi-Bewegung durchgeführt, über 50 Wohnungen
wurden durchsucht. In Hamburg hat die Polizei am Freitag bei einer
Aktion gegen die «Unsterblichen» Waffen und Sprengstoff
gefunden. Im Internet ist die Gruppierung mit Videos ihrer Aufmärsche
präsent, die sie ins Netz stellt.
«NS-Mystik in modernisierter Form»
Herr Althof, wie gefährlich sind die «Unsterblichen»?
Samuel Althof: Sie vertreten eine rassistische Ideologie und sehen
Ausländer als verantwortlich für den «Volkstod»
– eine von den Nazis und Neonazis gebrauchte Formel zur Ausgrenzung
und Entwertung von Menschen mit Migrationshintergrund. Ziel ihrer
Aufmärsche ist, Angst zu verbreiten und im Endeffekt Menschen
zu vertreiben.
Was fällt am Vorgehen der «Unsterblichen» auf?
Sie treten überraschend und in der Nacht auf, sie tragen Fackeln
und weisse Masken – das ist ein «Event»-Erlebnis,
das jedem Teilnehmer einen «Kick» gibt und sie zusammenschweissen
kann. Hier wird bewusst NS-Mystik in einer modernisierten Form wiederbelebt.
Könnte der Fackelzug im Hombrechtikon die erste Aktion der
«Unsterblichen» in der Schweiz sein?
Das ist möglich. Allerdings waren die «Unsterblichen»
auf Schweizer Neonazi-Foren bisher kein Thema. Nur: Die Szene wird
immer konspirativer, da hat sie von den Linksextremen gelernt. lüs
*Samuel Althof ist Experte für Rechtsextremismus-Prävention.
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